Maas warnt vor «Spirale nationaler Egoismen» in Corona-Krise

Grenzen werden geschlossen, nationale Krisenpläne aufgestellt: Gegen
die Corona-Pandemie kämpft bisher in erster Linie jedes Land für
sich. Kann eine Staatengruppe wie die G7 für mehr internationale
Koordination sorgen?

Berlin/Washington (dpa) - Bundesaußenminister Heiko Maas hat zu mehr
internationaler Solidarität im Kampf gegen die Corona-Pandemie
aufgerufen. «Das Resultat der nationalen Kraftanstrengungen, die
jetzt bei uns allen gefordert sind, darf nicht eine Spirale
nationaler Egoismen sein», sagte der SPD-Politiker der Deutschen
Presse-Agentur vor den für Mittwoch geplanten Beratungen der
G7-Außenminister. «Im Vordergrund steht für die Bundesregierung,
unser Handeln weltweit mit Partnern zu koordinieren und dort
solidarisch zu sein, wo auch immer wir Spielräume dafür haben.»

Die Außenminister sieben führender westlicher Industriestaaten
schalten sich am Mittwochnachmittag zu einer vierstündigen
Videokonferenz zusammen. Die rasante Ausbreitung des Coronavirus wird
zu den Hauptthemen zählen. Mit Italien zählt das derzeit am stärksten

betroffene Land zur G7. Von den USA sagt die
Weltgesundheitsorganisation, dass sie das neue Epizentrum der
Pandemie werden könnten.

«Nur wenige Staaten wurden bislang so wie die G7-Staaten ins Mark
getroffen vom Ausbruch des Coronavirus», sagte Maas der dpa. «Wer
jetzt sieht, vor welche Herausforderung diese Krise die Staaten der
G7 trotz all der Wirtschaftskraft und dem geballten medizinischen
Know-how stellt, der kann sich ausrechnen, wie schwerwiegend die
Folgen andernorts ausfallen können.»

Eine gemeinsame Erklärung der G7 zur Corona-Krise werden die
Außenminister aber voraussichtlich nicht beschließen. Nach
dpa-Informationen konnte sich die Gruppe, der neben den USA, Italien
und Deutschland auch Kanada, Japan, Großbritannien und Frankreich
angehören, in Vorgesprächen nicht auf einen gemeinsamen Text einigen.

Zu den Differenzen zählte der Begriff «Wuhan-Virus», der in dem von
den Amerikanern vorgelegten Entwurf auftauchte. US-Außenminister Mike
Pompeo hatte ihn auch öffentlich schon verwendet, während Präsident
Donald Trump über Tage hartnäckig vom «chinesischen Virus» sprach.

Das brachte ihm den Vorwurf ein, er stigmatisiere China in der Krise
und trage zur Ausgrenzung von Chinesen bei. Inzwischen ist Trump von
dem Ausdruck abgerückt und ruft nun dazu auf, asiatischstämmige
Menschen nicht für die Coronavirus-Krise verantwortlich zu machen.

Das Krisenmanagement des US-Präsidenten weicht bisher deutlich von
dem der europäischen Partner ab. Trump hatte anfangs versucht, die
Gefahren durch das Coronavirus herunterzuspielen und die
US-Bevölkerung zu beschwichtigen. Als die Börsen in den USA
angesichts der Pandemie kollabierten, steuerte er aber um und
kündigte teils drastische Maßnahmen als Antwort auf die Krise an.
Zuletzt vollzog er einen erneuten Kurswechsel und kündigte an, er
wolle die USA wegen der Corona-Krise nicht über lange Zeit stilllegen
- aus Angst vor einer Rezession.

Die Corona-Pandemie ist bei weitem nicht das einzige Thema der
G7-Beratungen. Die Außenminister befassen sich auch mit den
Konflikten in Syrien, Libyen, Afghanistan und in der Sahelzone. Maas
mahnte, diese Krisen benötigten trotz Corona weiter die
internationale Aufmerksamkeit. «In all unserem Handeln ist dabei
eines ganz klar: Je vernetzter und koordinierter wir agieren, desto
besser können wir die vielen Probleme angehen, wenn die aktuelle
Krise einmal ausgestanden ist», sagte er.