Hartmannbund schlägt Alarm - Droht Schließung von Arztpraxen?

Immer noch fehlen Atemmasken und Schutzkleidung für Ärzte und
Schwestern in Arztpraxen und Kliniken. Die Lage sei prekär, warnt die
Ärztevertretung Hartmannbund. Auch Zahnärzte warten auf
Entscheidungen.

Erfurt (dpa/th) - Der Hartmannbund als Vertretung der Ärzte hält die
Schließung der Praxen in Thüringen für nötig, sollte die nötige
Schutzausrüstung gegen Corona-Infektionen nicht schnell geliefert
werden. Allen Ankündigungen zum Trotz sei die Schutzausrüstung bisher
nicht angekommen, teilte die Ärztevertretung am Dienstag in Erfurt
mit.

Der Vorsitzende des Thüringer Landesverbandes, Jörg Müller, erklärt
e:
«Schon aus Verantwortung für die Gesundheit des medizinischen
Personals und der uns anvertrauten Patienten rufen wir aufgrund der
sehr hohen Ansteckungsgefahr zur sofortigen Einstellung der Tätigkeit
in Praxis und Klinik ohne entsprechende Schutzausrüstung auf.» Auch
Zahnärzte drängten auf Entscheidungen zur Behandlung von Patienten
angesichts der Infektionsgefahr.

Die Versorgung von Patienten in nicht aufschiebbaren Fällen müsse
selbstverständlich sichergestellt werden, abhängig davon, wie lange
die Materialvorräte in den Praxen reichen, erklärte der Hartmannbund.
Thüringens Gesundheitsministerium bestätigte, dass es in einigen
medizinischen Bereichen trotz erster Lieferungen einen Mangel an
Schutzausrüstungen gibt. Eine größere Lieferung sei vom Zoll in
Hessen jedoch noch nicht freigegeben. «Wir sind an der Beschaffung
dran», sagte ein Ministeriumssprecher. «Jetzt müssen alle
verantwortungsvoll handeln.»

Nach den Vorgaben des Robert Koch-Instituts (RKI) dürfe in der
Corona-Krise ohne Schutzausrüstung aufgrund der hochgradigen Eigen-
und Fremdgefährdung keine Patientenversorgung mehr erfolgen, erklärte
Müller. Wer als Mediziner anders verfahre, handele leichtfertig und
gefährde in unprofessioneller Weise nicht nur sich selbst, sondern
riskiere auch das Leid vieler weiterer Menschen, erklärte Müller, der
Augenarzt in Gera ist. «Das Virus ist brandgefährlich.»

Das Bestehen auf Schutzausrüstung sei keine Feigheit, sondern
Voraussetzung für Selbst- und Patientenschutz. Das gelte umso mehr
bei einer Virusinfektion, gegen die es keinerlei Impfprävention und -
abgesehen von symptomatischer Behandlung - auch keine Therapie gebe.

Der Hartmannbund vertritt nach eigenen Angaben die beruflichen,
wirtschaftlichen und sozialen Interessen von Ärzten, Zahnärzten und
Medizinstudierenden.

Thüringens Zahnärzte verlangten unterdessen Entscheidungen des
Gesundheitsministeriums, ob Zahnarztpraxen generell geschlossen
werden sollen oder nicht. Außerdem werde Klarheit erwartet, ob
Schmerzpatienten und Notfälle - insbesondere wenn die Patienten
infiziert seien - zentral in Krankenhäusern mit Zahnstation oder
weiterhin in den Praxen behandelt werden sollen, sagte der
Vize-Vorsitzende der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Thüringens,
Roul Rommeiß, MDR Thüringen. «Für die Probleme der Zahnärzte wird

eine Lösung gesucht», so der Sprecher des Sozialministeriums.

Nach Angaben von Rommeiß sind wegen fehlender Schutzkleidung,
Quarantäne, Erkrankungen oder Problemen bei der Rückreise aus dem
Ausland inzwischen mehr als 50 der 1350 Thüringer Zahnarztpraxen
geschlossen.