52-Jähriger an Covid-19 gestorben - Zahl der Infizierten steigt stark

Die Zahl der Corona-Infizierten macht in Hamburg einen großen Sprung
nach oben, angeblich ist ein Softwarefehler schuld. Ein 52-Jähriger
stirbt an dem Virus in seiner Wohnung. Wie ernst die Lage ist, zeigt
das Vorgehen der Polizei bei Missachtung der Anordnungen.

Hamburg (dpa/lno) - Erstmals ist in Hamburg ein 52-jähriger Mann
eindeutig an den Folgen einer Infektion mit dem neuartigen
Corona-Virus gestorben. Der Mann habe sich nach der Rückkehr aus
einem Urlaub mit Symptomen in häuslicher Quarantäne befunden, sagte
ein Sprecher der Gesundheitsbehörde am Dienstag der Deutschen
Presse-Agentur. Er sei am Sonntagabend gestorben. Eine Untersuchung
des Toten durch die Rechtsmedizin ergab nach dpa-Informationen einen
direkten Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung.

Nach Informationen der «Bild»-Zeitung war der Mann in der Schweiz im
Urlaub. Die Gesundheitsbehörde werde den Fall als ersten Hamburger
Corona-Toten an das Robert Koch-Institut melden, sagte der Sprecher.
Bei einem bereits Freitag vorvergangener Woche gestorbenen Bewohner
eines Hamburger Seniorenheims sei eine zwar eine Corona-Infektion
festgestellt worden. Doch sei diese wegen umfangreicher
Vorerkrankungen des Mannes nicht als eindeutige Todesursache
ausgemacht worden.

Die Zahl der Infizierten stieg in Hamburg um 248 auf 1237. Am Montag
hatte die Gesundheitsbehörde 102 neue Fälle bekannt gegeben
Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) erklärte den
starken Anstieg mit einem Softwareproblem. Tatsächlich seien es in
den vergangenen vier Tagen jeweils rund 150 Neuinfizierte gewesen.

Am Wochenende habe es ein Problem mit der bundesweiten Datenaufnahme
in eine Software des Robert-Koch-Instituts gegeben. Das sei
inzwischen behoben. Am Montag seien die Zahlen der Gesundheitsämter
dann alle aufgenommen worden. Als weitere Gründe für den hohen
Anstieg nannte die Senatorin die große Zahl der Urlaubsrückkehrer in
Hamburg und viele Menschen, die Kontakt zu den Kranken hatten.

Von den Infizierten sind 72 in stationärer Behandlung, 18 befinden
sich auf einer Intensivstation. Am Vortag waren 55 Personen in
stationärer Behandlung, davon 14 auf einer Intensivstation. Hinzu
kommen zurzeit vier weitere Intensivpatienten von außerhalb Hamburgs.
Die Hamburger Krankenhäuser verfügen über 640 Intensivbetten mit
Beatmungsgeräten. Diese Kapazitäten könnten nach Angaben der
Senatorin verdoppelt werden, sofern die Geräte dafür vorhanden sind.

Erstmals wurde ein Strafgefangener im geschlossenen Vollzug positiv
getestet. Es handele sich um einen 34-jährigen Insassen der
Sozialtherapeutischen Anstalt in Fuhlsbüttel, sagte Justizsenator
Till Steffen (Grüne). Der Mann habe nur leichte Symptome und sei in
der Einrichtung isoliert worden. Am Montag war ein erster Fall im
Hamburger Strafvollzug bekanntgeworden. Der 30-Jährige Insasse der
JVA Glasmoor war aber im offenen Vollzug, kann sich also auch
außerhalb der Anstalt infiziert haben. Unter den Justizbediensteten
gibt es Steffen zufolge drei positiv getestete Mitarbeiter. In 196
Fällen befänden sich Justizbedienstete in häuslicher Quarantäne.

Rund 50 verurteilte Straftäter müssen ihre Haft vorerst nicht
antreten. Die Ladung zum Haftantritt werde für drei Monate
ausgesetzt, sagte der Justizsenator. Dies gelte nur für Menschen, die
wegen Betrugs- oder Eigentumsdelikten zu maximal drei Jahren
Gefängnis verurteilt wurden. Sexualstraftäter und Verurteilte im
Zusammenhang mit organisierter Kriminalität müssten ihre Haftstrafen
antreten. Auch wer bereits in Untersuchungshaft gesessen habe, müsse
hinter Gittern bleiben.

Die sich ausbreitende Pandemie hat nach Angaben von Hamburgs
Innensenator Andy Grote (SPD) auch Auswirkungen auf die Kriminalität.
«Wir stellen fest, dass es eine neue Corona-Kriminalität gibt», sagte

Grote. So würden Betrüger sich als Mitarbeiter des Gesundheitsamts
ausgeben. «Wir haben auch falsche Polizisten, die sich mit einer
Corona-Erläuterung Zutritt zu Wohnungen verschaffen wollen.» Grote
rief die Bürger auf, «sehr, sehr vorsichtig» zu sein. Bei anderen
Delikten sei hingegen ein Rückgang der Fälle zu beobachten.

Hinsichtlich der Einhaltung der Kontakteinschränkungen zur Eindämmung
der Pandemie seien die Übertretungen «sehr überschaubar». Nach
Angaben von Justizsenator Steffen leitete die Polizei wegen Verstößen
gegen das Infektionsschutzgesetz bis Dienstagmorgen mehr als 50
Strafverfahren ein und übergab sie an die Staatsanwaltschaft. Diese
habe die Möglichkeit, Strafbefehle beim Amtsgericht zu beantragen.
Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) dankte den Hamburgern dafür,
dass sie sich weitestgehend an die Ausgangsbeschränkungen hielten. Er
fügte aber hinzu: «Da wo es nicht geschieht, schreitet die Polizei
ein.»

Tschentscher äußerte sich kritisch zum Vorgehen von
Schleswig-Holstein gegen Hamburger, die im nördlichen Nachbarland
einen Zweitwohnsitz haben. «Das war eine sehr unfreundliche Episode»,
sagte der Bürgermeister. Er habe am Montag mit Ministerpräsident
Daniel Günther (CDU) telefoniert und ihm berichtet, die
Aufforderungen zur Abreise in Hamburg wahrgenommen würden. «Er hat
gesehen, dass das etwas ist, was das freundschaftliche Verhältnis in
der Metropolregion durchaus belastet.»

Unterdessen gibt es eine neue Unstimmigkeit zwischen den beiden
Bundesländern. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien
(CDU) sprach sich für eine Absage der Abitur- und aller anderen
Abschlussprüfungen aus. Hamburg wollte bislang an den Abiturprüfungen
festhalten. Durch die überraschende Ankündigung sei eine neue Lage
entstanden, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD): «Ich bedaure es, dass
Schleswig-Holstein im Alleingang ohne die anderen Länder zu
informieren, die Abiturprüfungen komplett ausfallen lässt.»