Corona in NRW: Milliardenhilfen und Geldbußen

In der Not bündelt auch NRW alle Kräfte im Kampf gegen Corona: Der
Landtag verabschiedet parteiübergreifend eine Mega-Hilfspaket für die
Wirtschaft. NRW hilft Italien, China hilft NRW. Fußballspieler wollen
mit Gehaltsverzicht einen Beitrag leisten. Und Bußgelder kommen.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Mit Milliardenhilfen für die Wirtschaft und
drastischen Geldbußen für uneinsichtige Bürger mobilisiert
Nordrhein-Westfalen alle Kräfte im Kampf gegen die Corona-Krise. Für
den größten Rettungsschirm in der Landesgeschichte hoben am Dienstag
in einer Sondersitzung des Düsseldorfer Landtags Regierung und
Opposition gleichermaßen die Hand.

«Der Kollaps unserer Volkswirtschaft muss verhindert werden», sagte
Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Dabei verunsichern schon die
ersten Insolvenzen großer Unternehmen Tausende Arbeitnehmer.
Gleichzeitig kündigt sich aus unterschiedlichsten Bereichen der
Gesellschaft Hilfe an. Die Infektionszahlen sprangen derweil über die
9000er Marke.

HILFSPAKET: Mit den Stimmen aller fünf Landtagsfraktionen beschloss
das Parlament im Eilverfahren ein 25 Milliarden Euro umfassendes
Sondervermögen auf den Weg zu bringen. Es soll helfen, Unternehmen
und Arbeitsplätze in der Corona-Krise zu schützen. Laschet sagte:
«Unser Land Nordrhein-Westfalen erlebt momentan die schwerste
Bewährungsprobe in seiner Geschichte.» Wegen der Infektionsgefahr
hatten sich die Fraktionen darauf verständigt, nur mit einem Drittel
der insgesamt 199 Abgeordneten in die Sondersitzung zu gehen.

WIRTSCHAFT: Für manche Unternehmen kommen die Hilfen vielleicht schon
zu spät. Wegen der Auswirkungen der Corona-Krise musste jetzt auch
die angeschlagene Restaurantkette Maredo einen Insolvenzantrag
stellen - wie kurz zuvor schon der Kölner Wettbewerber Vapiano. Beide
wollen prüfen, ob Staatshilfen noch eine Perspektive bieten könnten.

GELDBUSSEN: Mangelnde Hygiene im Altenheim oder verbotene Treffen mit
mehreren Menschen - im Kampf gegen das Virus verhängen die Kommunen
in NRW für Verstöße gegen die Corona-Regeln ab sofort hohe Bußgelde
r.
Besonders schwerwiegende Fälle, wie etwa Treffen in größeren Gruppen

von mehr als zehn Personen, werden sogar als Straftaten verfolgt. Der
neue Erlass des Landes, der nach dpa-Informationen am Montagabend an
die zuständigen Behörden geschickt wurde, sieht Geldstrafen bis zu
5000 Euro vor - im Wiederholungsfall sogar bis zu 25 000 Euro.

POLIZEI: Ordnungsämter und Polizei würden die Maßnahmen mit Augenma
ß,
aber mit aller notwendigen Härte durchsetzen, unterstrich
Innenminister Herbert Reul (CDU). Die Kommunen sehen sich nach
Überzeugung des Städtetags NRW dafür gut gerüstet.

INFEKTIONSZAHLEN: Die Zahl der bestätigten Coronavirus-Infektionen
sprang nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums über die
9000er-Marke auf 9087 Fälle (Stand: 16.00 Uhr) - im Vergleich zum
Montagnachmittag 863 Fälle mehr. Die Zahl der Todesfälle stieg
demnach um 14 auf 54. Da das Ministerium die Daten fortlaufend aus
den Kommunen erhält, können vor Ort bereits aktuellere Zahlen bekannt
sein. Allein im besonders betroffenen Kreis Heinsberg waren laut
Ministerium schon 1043 Menschen mit dem Virus infiziert. Nach
Berechnungen der Uniklinik Aachen ist die Ansteckungskurve im Kreis
abgeflacht.

VERKEHR: Das reduzierte Angebot im Schienennahverkehr wegen der
Corona-Pandemie hat vielerorts zu überfüllten S-Bahnen und
Regionalexpress-Zügen in Nordrhein-Westfalen geführt. Deshalb setzt
sich NRW für die Freigabe der ICE-Züge für Nahverkehrskunden auf
besonders belasteten Strecken ein. Dann könnten Fahrgäste auch mit
einem Nahverkehrsticket in diese Züge einsteigen, was bisher nicht
erlaubt ist. Der Flughafen Weeze am Niederrhein stellt in der Nacht
von Dienstag auf Mittwoch wegen der Corona-Krise bis auf weiteres den
Linienbetrieb ein.

ITALIEN: NRW nimmt zehn Corona-Patienten aus dem besonders von dem
Virus betroffenen Norditalien auf, wie Laschet im Landtag ankündigte.
Die italienische Luftwaffe werde die Patienten in den nächsten Tagen
nach NRW verlegen. «Das ist ein kleiner Tropfen», sagte der
CDU-Politiker. «Aber wir wollen signalisieren: Ihr seid nicht
allein.» Jedes Leben, das man retten könne, sei es wert.

SPENDEN: In der Not erfährt auch NRW Hilfe. Das Kölner Unternehmen
Klosterfrau Healthcare (früher Klosterfrau Melissengeist) wolle in
der Corona-Krise 100 000 Liter Desinfektionsmittel spenden,
berichtete Laschet. Schon kommende Woche wolle das Unternehmen
150 000 Flaschen Handdesinfektionsmittel spenden. Insgesamt gebe
Klosterfrau 500 000 Flaschen. Außerdem hat der chinesische
Baumaschinenhersteller Sany eigenen Angaben zufolge 50 000
Atemschutzmasken an Organisationen in NRW verteilt.

SCHUTZMASKEN: Die Landesregierung habe fünf Millionen medizinische
Schutzmasken gekauft, sagte Laschet. Am vergangenen Freitag seien die
ersten 130 000 eingetroffen, weitere seien diese Woche zu erwarten.
«Sie kommen mühsam», räumte er ein. «Auf den Weltmärkten ist ei
n
ungeheuerlicher Wettbewerb ausgebrochen.» Auch der am stärksten von
Corona-Infektionen betroffene Kreis Heinsberg werde mit
Schutzmaterial versorgt.

SPORT: In Zeiten leerer Fußballstadien wollen viele Profis einen
Beitrag zur finanziellen Bewältigung der Corona-Krise in ihren
Vereinen leisten und auf einen Teil ihrer Gehälter verzichten.
Entsprechende Beschlüsse oder Vorschläge wurden bislang gemeldet von
den Bundesligisten Bayer Leverkusen, Borussia Dortmund und Schalke 04
sowie dem Zweitligisten VfL Bochum.