Hessischer Landtag gibt grünes Licht für Corona-Rettungsschirm

Hessen weitet die Finanzhilfen gerade für kleine Betriebe in der
Corona-Krise deutlich. Insgesamt umfasst das Rettungspaket nun 8,5
Milliarden Euro. Ministerpräsident Bouffier richtet erneut
eindringliche Appelle an die Bevölkerung.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Der Weg für den milliardenschweren
Rettungsschirm im Kampf gegen die Corona-Krise in Hessen ist frei.
Die Landtagsabgeordneten verabschiedeten am Dienstag in Wiesbaden
einstimmig den dafür nötigen Nachtragshaushalt und beschlossen, die
Schuldenbremse zu lockern. Hessen will mit Soforthilfen von zwei
Milliarden Euro die ganz akuten Folgen der Corona-Pandemie bekämpfen.
Daneben erhöht das Land zur Unterstützung der Wirtschaft seinen
Bürgschaftsrahmen auf 5 Milliarden Euro. Zudem soll es kurzfristige
Entlastungen bei der Umsatzsteuer in Höhe von 1,5 Milliarden Euro
geben. Der Schutzschirm für Hessen umfasst Hilfen von insgesamt
mindestens 8,5 Milliarden Euro.

Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) rief alle Menschen
eindringlich dazu auf, die Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten.
Die Lage sei zwar sehr ernst und stelle das Land vor
Herausforderungen, wie es sie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs
nicht mehr gegeben habe, sagte der Regierungschef. Er sei aber
überzeugt, dass es gelingen könne, das Ausmaß der Pandemie
einzudämmen und letztlich die Krise auch zu beherrschen.

Vorrangiges Ziel aller Maßnahmen sei es, die Ausbreitung des Virus zu
verlangsamen und wo immer möglich, die Infektionskette zu
unterbrechen, betonte Bouffier. Deshalb müsse es zu allererst darum
gehen, die medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten. So musste etwa
für die Gewinnung von zusätzlichen Intensivbetten die Behandlung
aller medizinisch nicht notwendigen Operationen verschoben werden,
erklärte Bouffier. Dazu gehöre auch die künftige Konzentration der
Behandlungen von Corona-Erkrankten auf sechs Kliniken der
Maximalversorgung.

Die Soforthilfen sind unter anderem für die notwendige medizinische
Ausrüstung und die finanzielle Unterstützung der Kliniken vorgesehen,
wie Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) erläuterte. Das Land
unterstütze aber auch Betriebe, Vereine und Kultureinrichtungen und
übernehme Ausgleichszahlungen zum Beispiel für ausgefallene
Klassenfahrten. «Am Geld wird die Bekämpfung der Corona-Krise nicht
scheitern», betonte Schäfer. «Angesichts der Dynamik der Entwicklung

werden wir im Jahresverlauf voraussichtlich noch mehr Geld
benötigen», mahnte der Minister auch mit Blick auf die erwarteten
massiven Steuerausfälle.

Nach den Worten von Ministerpräsident Bouffier geht es bei den
Hilfsprogrammen von Bund und Land für die Wirtschaft vorrangig darum,
die Grundkosten der Betriebe zu decken, Insolvenzen zu vermeiden und
die Bürokratie so gering wie möglich zu halten. Die Bundesregierung
wolle für Kleingewerbetreibende und Selbstständige mit bis zu fünf
Arbeitnehmern eine Soforthilfe von 9000 Euro zahlen und bei
denjenigen mit sechs bis zehn Arbeitnehmern eine Soforthilfe von 15
000 Euro.

Die Landesregierung sei aber davon überzeugt, dass das nicht reiche,
sagte Bouffier. Deshalb werde das Land ein Soforthilfeprogramm
auflegen, dass den Betroffenen schnell und unbürokratisch nicht
rückzahlbare Zuschüsse zur Verfügung stellt. Diese Hilfe richte sich

vor allem an kleine und Kleinstunternehmer, Angehörige freier Berufe
und Selbstständige bis zu 50 Beschäftigte, erklärte der
Ministerpräsident.

Die Leistungen des Bundes sollen so aufgestockt werden, dass für
Betriebe von bis zu fünf Arbeitnehmern 10 000 Euro und für Betriebe
mit bis zu zehn Arbeitnehmern 20 000 Euro Einmalzahlungen als
Soforthilfe gewährt werden. Darüber hinaus werde es eine dritte
Gruppe mit bis zu 49 Arbeitnehmern geben, die eine einmalige
Soforthilfe von 30 000 Euro bekommen soll.

Damit diese Hilfe möglichst rasch in Anspruch genommen werden kann,
werde die Auszahlung über das Regierungspräsidium Kassel und in enger
Zusammenarbeit mit den Industrie- und Handelskammern sowie den
Handwerkskammern vorbereitet, sicherte der Regierungschef zu. Bei
größeren Betrieben mit über 50 Beschäftigten könnten über die
Hausbank Kredite etwa der KfW aus dem Bundesprogramm in Anspruch
genommen werden. Vom Land stünden zudem auch Expressbürgschaften der
Bürgschaftsbank oder Mikrokredite über die WI-Bank zur Verfügung.

SPD-Fraktionschefin Nancy Faeser betonte, Solidarität sei nun das
Gebot der Stunde. Die Corona-Krise sei eine Bewährungsprobe für alle.
Es gebe aber auch die Chance, dass das Miteinander nach der Krise
mitmenschlicher und solidarischer sein wird. Auch die
Linken-Fraktionsvorsitzende Janine Wissler mahnte, dass Solidarität
nun bei allen gefragt sei. An die Menschen, die im Pflege- und
Gesundheitssektor nun am meisten gefordert sind, müsse dringend auch
nach der Krise gedacht werden.

Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner sagte, die Gesellschaft insgesamt
sei nun gefordert. Er appellierte eindringlich an alle Menschen, sich
an die neuen Regeln zu halten. Nach Einschätzung von
FDP-Fraktionschef René Rock sind die Warnungen vor den Gefahren des
Virus bei den Menschen mittlerweile angekommen. Der Vorsitzende der
CDU-Fraktion, Michael Boddenberg, betonte, der Staat zeige, dass er
auch in der Krise handlungsfähig ist. Der AfD-Vize-Fraktionschef
Volker Richter sagte, die Landesregierung hätte früher handeln und
den Pandemieplan überarbeiten müssen.