Kultur trotz Corona: Vom Wohnzimmerkonzert bis Hamlet Von Carola Große-Wilde, dpa

Künstler leben von ihrer Kreativität. Auch wenn sie jetzt besonders
unter der Corona-Krise leiden, lassen sie sich zahlreiche Aktionen
einfallen lassen.

Hamburg (dpa/lno) - Theater, Museen und Konzerthäuser sind
geschlossen, Musical-Premieren wie «Harry Potter» mussten abgesagt
werden: Das neuartige Coronavirus hat auch die Hamburger Kulturszene
fest im Griff. Während sich vor allem viele freischaffende Künstler
und Privattheater Sorgen um ihre Zukunft machen, gibt es überall
kreative Ideen, wie die Menschen trotz der Corona-Krise erreicht
werden können. Anbei einige Beispiele - vom Wohnzimmerkonzert bis zum
Comedy-Auftritt.

THEATER: Mit der Aktion «Kultur trotz Corona - Die NDR Bühne» lädt

der Norddeutsche Rundfunk (NDR) alle Künstler aus dem Norden ein, auf
einer virtuellen Bühne ihre Kunst zu präsentieren. Musiker, Autoren,
Schauspieler und Kabarettisten können eine Kostprobe ihres Könnens
geben, von der Klavierimprovisation im Wohnzimmer bis zum
Hamlet-Monolog auf dem Balkon, und sich dabei selbst filmen, teilte
der NDR mit. Das Video wird dann auf www.NDR.de/kulturtrotzcorona
sowie auf Social-Media-Kanälen des NDR zu sehen sein. Alan Gilbert,
Chefdirigent des NDR Elbphilharmonie Orchesters, und der Musiker Nils
Landgren haben bereits mitgemacht.

Die Schmidt-Theater an der Reeperbahn bieten ebenfalls eine Show an:
Unter dem Motto «Schmidtflix - Die Streaming-Show» präsentieren
Comedian Elke Winter und Schmidtchen-Hausherr Henning Mehrtens
täglich um 20.15 Uhr neue Gäste, die Show wird live im Internet
übertragen. «Wir bieten eine virtuelle Bühne für alle, die zurzeit

nicht auftreten können - ausdrücklich auch für Künstlerinnen und
Künstler aus anderen Häusern», sagte Schmidt-Chef Corny Littmann.

MUSIK: Zahlreiche Musiker wie Johannes Oerding oder Michael Schulte
bieten jetzt Konzerte aus dem Wohnzimmer für ihre Fans, der Pianist
Igor Levit spielt jeden Tag um 19.00 Uhr live auf Twitter. Von
Dienstag an startet auch der neue tägliche Live-Stream der
Symphoniker Hamburg. Unter dem Titel «Laeiszhalle Live» ist das
digitale Angebot montags bis freitags von 16.15 Uhr bis 17.00 Uhr auf
symphonikerhamburg.de zu erleben. Es treten kleine kammermusikalische
Besetzungen auf, die Musiker stellen ihre Instrumente vor, einzelne
Komponisten und Werke werden analysiert - Gastgeber sind Holger
Wemhoff (Klassik Radio) und Intendant Daniel Kühnel.

Die Gute Leude Fabrik plant unter dem Motto «Keiner kommt, alle
machen mit» am 12. Mai ein Solidaritätsfestival, zu dem niemand
kommen wird, dessen Erlöse jedoch Hamburger Kulturschaffenden zugute
kommen sollen.

LITERATUR: Auch zahlreiche Schriftsteller bieten Lesungen im Internet
an. Der Hamburger Autor Sa?a Stani?ic hat mit seiner Online-Lesung
aus seinem Buch «Herkunft» gleich mehrere Tausend Euro Spenden für
Hilfsorganisationen eingesammelt. Die Lesung streamte Stani?ic auf
der Plattform «Twitch» sowie bei Instagram. Mit dem Geld will der
Autor die Initiativen «Seebrücke» und «Medico» unterstützen, di
e
nächste Lesung gibt es am Dienstag um 21 Uhr.

Für Kinder, die wegen der Coronakrise Zuhause sind, bieten NDR und
SWR eine Vorlesestunde per Livestream mit berühmten
Kinderbuchautorinnen an. Unter anderem Cornelia Funke, Kirsten Boie,
Isabel Abedi und Margit Auer werden in ihren privaten Wohnzimmern aus
ihren Büchern vorlesen. Seit Montag können wochentags immer um 16 Uhr
die Vorlesestunden für Kinder ab dem Alter von fünf Jahren live
gestreamt werden. Den Anfang macht am Montag die Hamburger
Schriftstellerin Kirsten Boie. Im Anschluss daran können die Kinder
mit den Autorinnen und Autoren direkt in Kontakt treten.

Die öffentlichen Bücherhallen schenken allen Hamburgern sechs Wochen
lang eine Kundenkarte. Denn sie sind zwar geschlossen - die «Onleihe»
aber hat geöffnet, allein 68 000 verschiedene E-Books warten im
Bestand.

MUSEEN: Auch die Hamburger Museen beteiligen sich an zahlreichen
Aktionen. So präsentiert die Leiterin des Bucerius Kunstforums,
Kathrin Baumstark, alle paar Tage auf Facebook ein anderes Gemälde
der aktuellen Ausstellung über den britischen Maler, Zeichner und
Grafiker David Hockney (82). Die retrospektiv angelegte Schau
entstand in Kooperation mit der Tate und versammelt rund 100 Werke,
die größtenteils aus der Sammlung des britischen Museums stammen -
von den frühen Arbeiten als Kunststudent bis hin zum großformatigen
Panorama «In The Studio» von 2017.

Unter https://shmh.de/de/digitalprogramm bieten die historischen
Museen in Hamburg virtuelle Ausstellungsrundgänge, Online-Dossiers
zur Geschichte Hamburgs und Blicke in die Sammlung für Kinder und
Familien an. Unter der Rubrik «Hamburg Wissen» finden sich
Geschichten und Informationen aus 1200 Jahren Hamburgischer
Geschichte auf einen Klick, teilte das Museum mit. Warum die Stadt
ist, was sie ist, welche Geschichten sich hinter Orten, Gebäuden und
Straßen verbergen und welche Familien und Unternehmen die Hansestadt
Hamburg geprägt haben, könne dort nachgelesen werden.