Politische Lage in Israel spitzt sich inmitten Corona-Krise zu

Jerusalem (dpa) - In Israel spitzen sich die politischen Spannungen
inmitten der Corona-Krise zu. Das Höchste Gericht in Jerusalem setzte
am Montag eine Frist für eine von der Opposition geforderte Wahl
eines neuen Parlamentspräsidenten. Diese müsse spätestens am Mittwoch

stattfinden. Der rechtskonservative Justizminister Amir Ochana von
der Likud-Partei schrieb zu der Entscheidung auf Twitter: «Wäre ich
Parlamentspräsident, würde ich antworten: Nein.»

Zuvor hatte sich Parlamentspräsident Juli Edelstein (ebenfalls Likud)
geweigert, die Wahl stattfinden zu lassen. Das Mitte-Bündnis
Blau-Weiß will einen seiner Abgeordneten zum Parlamentspräsidenten
wählen lassen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte demnach
gedroht, sollte Blau-Weiß Edelstein ablösen, würde dies das Ende der

gemeinsamen Verhandlungen für eine große Koalition bedeuten. Auch
Netanjahu gehört der Likud-Partei an.

Israel wird seit Ende 2018 von einer Übergangsregierung unter
Netanjahu verwaltet. Am 2. März hatten die Bürger bereits zum dritten
Mal innerhalb eines Jahres ein neues Parlament gewählt. Doch die
Pattsituation zwischen dem rechts-religiösen Block um Netanjahu und
dem Mitte-Links-Lager um Benny Gantz von Blau-Weiß hält weiter an. Am
Montag vergangener Woche erhielt Gantz den Auftrag zur
Regierungsbildung, am gleichen Tag nahm das Parlament offiziell seine
Arbeit nach der Wahl auf.

Vergangene Woche hatte es zudem einen massiven Streit zwischen dem
Likud und Blau-Weiß über die Besetzung mehrerer Komitees gegeben.
Gantz hatte am Mittwoch Edelstein vorgeworfen, auf Anweisung
Netanjahus die Bildung der Komitees zu verhindern. Edelstein hatte am
Mittwoch die Knesset (das Parlament) vorübergehend geschlossen.
Bereits zuvor hatte Blau-Weiß kritisiert, Israel werde in dieser
Krisenzeit von einer Übergangsregierung ohne parlamentarische und
rechtliche Kontrolle regiert.

Netanjahu hat unter Hinweis auf die Coronavirus-Krise zur Bildung
einer Notstandsregierung mit Blau-Weiß aufgerufen. Verhandlungen
darüber sind allerdings ins Stocken geraten.