Neue Maßnahmen gegen Corona-Infektion - Kontaktbeschränkungen gelten

Mehr als zwei Menschen an einem öffentlichen Platz sind in Zeiten der
Corona-Krise schon zu viel. Um die Infektionswelle zu bremsen, wird
das öffentliche Leben immer mehr eingeschränkt. Mit welchem Erfolg,
das zeigt sich mit deutlicher zeitlicher Verzögerung.

Schwerin/Rostock (dpa/mv) - Trotz der seit Montag geltenden
Kontaktbeschränkungen rechnet der Rostocker Tropenmediziner Emil
Reisinger mit einem weiteren Anstieg der Coronavirus-Infektionen auch
in Mecklenburg-Vorpommern. Bislang sei der Nordosten bei der
Entwicklung der Infektionszahlen anderen Bundesländern mehrere Tage
hinterher. Frühestens in einer Woche lasse sich absehen, ob die
bisherigen Maßnahmen gegen die rasche Ausbreitung des neuartigen
Corinavirus wirkten, oder ob der Anstieg in Mecklenburg-Vorpommern
ungebremst losgehe, sagte Reisinger der Deutschen Presse-Agentur. In
der Öffentlichkeit dürfen seit Montag nicht mehr als zwei Personen
zusammen sein. Ausgenommen sind Familien.

In Mecklenburg-Vorpommern waren bis Sonntagnachmittag 187 Menschen
mit einer Infektion registriert worden. Reisinger rechnete damit,
dass laut statistischen Berechnungen im Nordosten rund 2000 Menschen
leben, die bereits jetzt infiziert sind. Diese hätten entweder noch
keine Symptome entwickelt oder bei ihnen sei die Infektion sehr
leicht verlaufen. Jeder Tag mit einem verhaltenen Anstieg der
Infektionszahlen sei als ein gutes Zeichen zu betrachten, betonte
Reisinger.

Unterdessen wird das öffentliche Leben weiter eingeschränkt. Von
Dienstag an bleiben in Mecklenburg-Vorpommern wegen der Krise auch
Garten- und Baumärkte geschlossen. Doch können diese Märkte für
Privatkunden Liefer- und Abholdienste einrichten. Das beschloss das
Kabinett am Montag in einer Telefonschaltkonferenz, wie
Regierungssprecher Andreas Timm nach der mehr als zweistündigen
Beratung mitteilte. Die Schließungen sind umstritten, da damit auch
Möglichkeiten eingeschränkt werden, Zwangsurlaub und Freistellungen
von der Arbeit für Haus- und Gartenarbeiten zu nutzen. Ziel der
zusätzlichen Ladenschließung sei es, die Kontakte der Menschen weiter
zu reduzieren und damit Infektionswege abzuschneiden, hieß es.

Nach Angaben Timms setzte die Ministerrunde auch den rechtlichen
Rahmen für die Umsetzung der am Vortag zwischen Bund und Ländern
vereinbarten weiteren Einschränkungen im Alltag. So müssen zusätzlich

zu den meisten Geschäften und den Restaurants nun auch Friseure,
Kosmetik- und Massagesalons sowie Tattoo-Studios geschlossen bleiben,
um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Geöffnet bleiben
weiterhin Supermärkte und andere Geschäfte, die Waren des täglichen
Bedarfs anbieten.

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) warnte andere Politiker
davor, die Corona-Krise zur Profilierung zu nutzen. «Ich kann nur an
alle appellieren, an alle Politiker, dass Machtspiele und Schaulaufen
in so einer Situation nichts in diesen Entscheidungen zu suchen
haben», sagte sie am Montag im Deutschlandfunk. Es gelte vielmehr,
jetzt parteiübergreifend und länderübergreifend zusammenzuhalten.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will an strengeren
Regelungen festhalten, als Bund und Länder am Sonntag vereinbart
hatten.

Die Kontrolle von zu großen Menschenansammlungen hatte die Polizei im
Nordosten schon am Wochenende stark beschäftigt. Die Beamten mussten
knapp 380 Mal zu «Corona-Kontrollen» ausrücken, wie Sprecher der
beiden Präsidien in Rostock und Neubrandenburg am Montag mitteilten.
Dabei seien unter anderem Garagenpartys und größere Treffen in
Gartenanlagen aufgelöst sowie eine kurzfristig anberaumte
Mitarbeiterversammlung einer Firma in Neustrelitz mit Hilfe des
zuständigen Ordnungsamtes verhindert worden.

Schwesig stellte weitere Wirtschaftshilfen des Landes in Aussicht.
Vergangene Woche war zunächst ein Hilfspaket über 100 Millionen Euro
geschnürt worden. Nun will das Kabinett am Dienstag über
weitergehende Hilfen für die Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns
beraten. Geld dafür sei vorhanden. Das Land habe für Notfälle wie
diesen Rücklagen gebildet. Laut Schwesig will zudem der Bund Kleinst-
und Kleinunternehmern stärker unter die Arme greifen.

Der Bauverband Mecklenburg-Vorpommern forderte die öffentlichen
Auftraggeber auf, sich an ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber den
Unternehmen zu halten. «Wir müssen in der jetzigen, durch die
Corona-Krise enorm schwierigen Situation zu lange auf das Geld
warten», beklagte der Hauptgeschäftsführer des Bauverbands, Jörg
Schnell. Dabei gehe es um Aufträge, bei denen die geforderten
Leistungen schon erbracht worden sind.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche)
richtet eine kostenlose Seelsorge-Hotline ein. Damit wolle man
besonders alten, kranken und sozial isolierten Menschen in der Krise
Ansprechpartner bieten, teilte die Nordkirche mit. Unter der Nummer
0800 4540106 werden insgesamt 35 ausgebildete Seelsorger täglich von
14 bis 18 Uhr als Gesprächspartner erreichbar sein. Das Hilfsangebot
parallel zur klassischen bundesweiten Telefonseelsorge richte sich an
jeden, unabhängig von Glaube oder Religionszugehörigkeit, sagte
Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt.