Mit Tafel Schokolade: Spaßfaktor bei virtuellem Formel-1-Auftakt Von Jens Marx, dpa

Ein bisschen «verrückt» war es schon, das erste Rennen der neuen
virtuellen Formel-1-Serie. Die Zahl der Piloten aus der Königsklasse
überschaubar, dazu technische Probleme. Ein gut gelaunter Deutscher
und jede Menge Action auf der «Strecke» sorgen aber für Unterhaltung.


London (dpa) - Gleich beim Start erwischt es Nico Hülkenberg.
Gestärkt mit einer Tafel Schokolade geht es der 32 Jahre alte
Rheinländer etwas zu forsch an. Abflug mit seinem rosa Rennwagen.
Hülkenberg kracht mit dem Racing Point in die Leitplanken. Aber:
Weiter geht's. Kein Safety-Car, keine allzu großen Schäden am Auto
trotz des heftigen Einschlags.

Denn dieser Große Preis von Bahrain ist rein virtuell. Der erste
einer neuen Serie der Formel 1, die damit auf die Absagen aller Grand
Prix bis Ende Mai - und womöglich noch länger - wegen der
Coronavirus-Pandemie reagiert hat. Was bei diesem virtuellen Kampf um
Pole und Sieg erstmal zählt, ist der Spaßfaktor. Leichte Unterhaltung
in Krisenzeiten.

«Sekt oder Selters», meinte Hülkenberg - per Telefon ins Studio
geschaltet - vorab zu seiner Strategie. Platz zehn nach Startrang
fünf wurde es, den Schampus durfte sich der Chinese Guanyu Zhou
gönnen, 20 Jahre alter Formel-2-Pilot, der ordentlich im
Renault-Rennanzug und mit Helm in seinem Fahrersitz Platz nahm.

«Ziemlich viel Drama», attestierte der britsche «Independent» dem
Auftakt der virtuellen Rennserie. «Es war alles ein bisschen
verrückt», schrieb das Onlineportal motorsportmonday.com.

Der Kurs wie beim echten abendlichen Rennen in der Wüste von Sakhir
hell erleuchtet durch Flutlichter, die Rennwagen in Lackierungen von
Mercedes, Red Bull oder auch Ferrari. Nur von den aktuellen Piloten
der Motorsport-Königsklasse waren lediglich Nicholas Latifi aus
Kanada von Williams und Lando Norris aus Großbritannien von McLaren
vertreten. Ausgerechnet Norris hatte dann auch noch mit technischen
Problemen zu kämpfen und konnte an der 18-minütigen Qualifikation zum
Missfallen der Norris-Fans von den weit über 100 000 Zuschauern
allein bei Youtube gar nicht antreten.

Weil die Schwierigkeiten auch virtuell nicht so schnell zu beheben
waren, musste das Rennen später gestartet werden, und weil es einen
Zeitrahmen gab, wurde der Bahrain-Grand-Prix noch mal von 28 auf 14
Runden gekürzt. Die Zwischenzeit überbrückten insgesamt vier
gutgelaunt-redselige Kommentatoren in einem Studio in London.

Zeit, den leichten Stotterstart mit Spaßfaktor noch zu verbessern,
dürfte noch reichlich bleiben. Geplant war der virtuelle Ersatz für
die abgesagten echten Rennen war zunächst bis Ende Mai - mögliche
Fortsetzung inklusive.

Australien war kurz vor dem Saisonauftakt in Melbourne abgesagt
worden, Bahrain, China, Vietnam, Niederlande, Spanien und Monaco -
finden nicht wie geplant statt. Und die Hoffnung auf einen Beginn der
Saison Anfang Juni sind ebenfalls dahin. Den Großen Preis von
Aserbaidschan m 7. Juni in Baku wird es auch nicht geben. Die
Entscheidung sei nach «ausführlichen Diskussionen» mit den
Formel-1-Verantwortlichen, dem Automobil-Weltverband und der
Regierung in Aserbaidschan getroffen worden, hieß es vom Veranstalter
am Montag.

Der früheste Saisonstart ist somit - Stand jetzt - am 14. Juni der
Große Preis von Kanada in Montréal. Und bis dahin sind vielleicht
auch noch andere Formel-1-Piloten dem Aufruf manch eines Fans
gefolgt, von denen einer am Sonntag nach dem virtuellen Auftakt bei
Twitter in Richtung von Hamilton, Verstappen und Vettel schrieb:
«Komm Lewis, Max und Seb - wer ist wirklich der beste Fahrer.»