Wirtschaft wartet in Corona-Krise dringend auf Staatshilfen

Bei vielen Betrieben und freien Berufen hat die Coronavirus-Krise
Aufträge und Umsätze einbrechen lassen. Wie soll es weitergehen? Die
Bundesregierung will milliardenschwere Notpakete beschließen.

Berlin (dpa) - Angesichts dramatischer Folgen der Coronavirus-Krise
mit akuter Gefahr für Betriebe und Jobs warten Unternehmen dringend
auf Staatshilfen. «Soforthilfe ist das Gebot der Stunde - und absolut
wörtlich zu nehmen», sagte Wolfgang Ewer, Präsident des
Bundesverbandes der Freien Berufe, der Deutschen Presse-Agentur. Beim
Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hieß es, die Folgen
der Corona-Pandemie seien «verheerend». Existenzen seien mehr als
akut gefährdet, Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Die Politik
müsse nun schnell, umfassend und zielgerichtet helfen.

«Es müssen schleunigst liquide Mittel in den Unternehmen wirklich
ankommen, nur so lassen sich Betriebe und Beschäftigung retten»,
sagte der Verbandspräsident der Familienunternehmer, Reinhold von
Eben-Worlée, der dpa. Die aktuelle Situation sei dramatisch. «Großen

Teilen des Dienstleistungsbereichs wie Hotels, Restaurants,
Reiseunternehmen, Eventagenturen steht das Wasser bereits an der
Oberlippe, denn es kommen schon seit Anfang März keine Buchungen mehr
rein, nur noch Stornierungen. Aber die Kosten laufen ja weiter.»
Eben-Worlée forderte mehr Hilfen für den Mittelstand.

Das Bundeskabinett will am Montag umfassende Maßnahmen auf den Weg
bringen. Geplant ist unter anderem ein milliardenschweres Programm
mit direkten Zuschüssen für kleine Firmen, Solo-Selbstständige und
freie Berufe, die laut Entwurf in der Regel keine Kredite erhalten
und über keine Sicherheiten oder weitere Einnahmen verfügten. Das
Geld soll dem Vernehmen nach im April fließen. Der Bund will bis zu
50 Milliarden Euro bereitstellen.

Die Bundesregierung plant außerdem einen Rettungsfonds, der auch die
Beteiligung des Staates an Großunternehmen ermöglichen soll. Bei
Kredit-Sonderprogrammen für kleine und mittlere Firmen sind
Nachbesserungen bei Haftungsregelungen angekündigt worden.

Ewer sagte: «Die Freiberufler spüren bereits jetzt, dass sie nicht
verschont bleiben. Die Lage ist ausgesprochen ernst, gerade für
diejenigen Freiberufler, bei denen die Einnahmen von jetzt auf gleich
durch die Krise unverschuldet weggebrochen sind und die keine üppigen
Rücklagen haben.»

Der Dehoga erklärte, es gehe um die Zukunft der 223 000 Unternehmen
des Gastgewerbes mit über 2,4 Millionen Erwerbstätigen. «Unsere
Betriebe haben eine große wirtschaftliche und gesellschaftliche
Bedeutung für unser Land - in der Stadt wie in den Regionen.

Eben-Worlée sagte, ab Montag stoppten weite Teile der Autoindustrie
ihre Produktion mit allen fatalen Konsequenzen für die meist
mittelständischen Zulieferer. «Außerhalb Deutschlands sieht es nicht

besser aus. Wenn demnächst die Ausfälle der Mitarbeiter steigen,
drohen auch in den Bereichen, die noch einigermaßen laufen,
Produktionsausfälle, dann können die Lieferketten reißen.» Sehr vie
le
an sich kerngesunde Unternehmen würden diese dramatische Lage nicht
ohne unkonventionelle Hilfen der Regierung überleben.

Die von der Regierung beschlossene umfassende Liquiditätsversorgung
für die Unternehmen sei richtig, aber an der Umsetzung hake es
beängstigend, sagte Eben-Worlée mit Blick auf Kreditbedingungen. Der
Staat müsse daher für eine Übergangszeit strauchelnde Unternehmen
direkt unterstützen. Auch beim bereits erweiterten Kurzarbeitergeld
brauche es Nachbesserungen.

Auch die Bekleidungsindustrie fordert Direkthilfen. «Unsere
Lieferketten sind zusammengebrochen. Viele unserer Unternehmen sind
in einem Ausnahmezustand», sagte Ingeborg Neumann, Vizepräsidentin
des Industrieverbands BDI und Gesamtpräsidentin der deutschen Textil-
und Modeindustrie, der «Rhein-Neckar-Zeitung» (Online). «Wenn es hier

ganz kurzfristig keine Direkthilfen gibt für Unternehmen bis
mindestens 100 Beschäftigte, gehen viele unserer Betriebe in die
Knie.»

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer hatte «entschlossenes und
unbürokratisches Handeln» als geboten bezeichnet. ««Unsere
Unternehmen, große wie kleine, am Laufen zu halten und die
Arbeitsplätze damit zu sichern, muss gemeinsames Ziel von Politik und
Sozialpartnern sein.» DIHK-Präsident Eric Schweitzer hatte vor einer
«Pleitewelle unvorstellbaren Ausmaßes» gewarnt. Die betroffenen
Unternehmen bräuchten nun ganz schnell Liquidität.

Die Coronavirus-Krise bringt auch die rund 5000 Schausteller in
Deutschland in existenzielle Not. «Die Lage der Schausteller ist
besonders dramatisch. Die meisten hatten ihren letzten Einsatz bei
den Weihnachtsmärkten. Seitdem haben sie keine Einnahmen», sagte
Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes und
Präsident der Europäischen Schausteller-Union, den Zeitungen der
Funke Mediengruppe. Nötig seien schnelle, unbürokratische
Sofortzahlungen und Zuschüsse für die Unternehmen. Noch sei es sehr
schwer, an die von der Regierung versprochenen Kredite heranzukommen.