Kabinett will umfassende Corona-Notpakete beschließen

Bund und Länder beschließen beinahe täglich neue Krisenmaßnahmen. N
un
sollen Schutzschirme unter anderem für Unternehmen und Beschäftigte
folgen. Im Schnellverfahren.

Berlin (dpa) - Zur Linderung der Folgen der Coronavirus-Ausbreitung
will das Bundeskabinett am Montag umfassende Maßnahmen beschließen.
Dabei geht es um große Schutzschirme für Unternehmen, Beschäftigte
und Kliniken. Geplant sind umfangreiche Rechtsänderungen. Im
Schnellverfahren soll dann am Mittwoch der Bundestag den Maßnahmen
zustimmen, am Freitag der Bundesrat.

«Die umfassenden Maßnahmen, die heute im Kabinett auf den Weg
gebracht werden, unterstützen Familien, Mieter, Arbeitnehmer,
Selbstständige und Unternehmen ganz praktisch, schnell und
unbürokratisch», sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil der
Deutschen Presse-Agentur. Es seien gewaltige Summen, die
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) dafür aufbringe. Es seien aber auch
gewaltige Herausforderungen. «Der Staat lässt die Menschen in dieser
Krise nicht alleine», sagte Klingbeil. «Es wird nicht einfach die
nächsten Wochen, aber es wird uns als Gesellschaft stärker machen.»
Die Bundesregierung plant einen Nachtragshaushalt von 156 Milliarden
Euro für 2020 und will dafür die Notfallregel bei der Schuldenbremse
ziehen, um mehr finanziellen Spielraum zu haben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird an der Kabinettssitzung
nicht physisch teilnehmen, sondern wohl per Video oder Telefon
zugeschaltet. Sie begab sich nach Angaben eines Regierungssprechers
am Sonntagabend in Quarantäne, nachdem sie erfahren hatte, dass sie
am Freitag zu einem Arzt Kontakt hatte, der mittlerweile positiv auf
das Coronavirus getestet wurde.

Zuvor hatte sich Merkel noch mit den Ministerpräsidenten der Länder
auf Kontaktverbote verständigt, um eine Ausbreitung des Virus
einzudämmen und weitreichende Ausgangssperren vorerst zu vermeiden.
Ansammlungen von mehr als zwei Personen sollen für zunächst zwei
Wochen verboten werden. Ausnahmen gibt es nur für Angehörige, die im
eigenen Haushalt leben. Cafés, Restaurants und Kneipen müssen ab
sofort schließen. Es dürfen nur noch Speisen abgeholt oder nach Hause
gebracht werden. Dicht machen müssen nun auch Friseure,
Kosmetikstudios, Massagepraxen und Tätowierer.

Der Präsident des Deutschen Städtetages, Burkhard Jung, begrüßte da
s
Kontaktverbot. «Die Beschränkungen sind richtig und verhältnismäß
ig»,
sagte Leipzigs Oberbürgermeister den Zeitungen der Funke
Mediengruppe. «Es geht darum, Menschenleben zu retten und unser
Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Das muss so konsequent wie
möglich geschehen.» Er fügte an: «Wir werden in den Städten mit
unseren Ordnungsbehörden gemeinsam mit der Polizei sicherstellen,
dass das verabredete Kontaktverbot umgesetzt wird.»

In Deutschland waren bis Sonntag mehr als 24 100 Infektionen mit dem
neuen Coronavirus bekanntgeworden. Mehr als 90 mit Sars-CoV-2
Infizierte sind bislang bundesweit gestorben.

Zur Linderung der wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus sollen nun
direkte Zuschüsse für kleine Firmen, Solo-Selbstständige und freie
Berufe beschlossen werden. Ein Programm sieht ein Volumen von bis zu
50 Milliarden Euro vor. Über einen Stabilisierungsfonds sollen
Großunternehmen mit Kapital gestärkt werden können, der Staat soll
sich notfalls wie in der Finanzkrise vor mehr als zehn Jahren auch an
Unternehmen beteiligen können.

Außerdem sollen Mietschulden infolge von Einkommensausfällen nicht
zur Kündigung führen. Mit erweiterten Regelungen zur Kurzarbeit
sollen Unternehmen Beschäftigte leichter halten können - statt sie in
die Arbeitslosigkeit zu schicken. Deutschlands Krankenhäuser sollen
mit mehr als drei Milliarden Euro unterstützt werden.

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Rolf Mützenich, sagte
dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag): «Die Corona-Krise ist
existenzieller als frühere Krisen. Sie hat eine gesundheitliche, eine
ökonomische und eine soziale Dimension. Für manche Menschen geht es
um Leben und Tod, für andere um ihre wirtschaftliche Existenz - und
durch die notwendige Kontaktvermeidung sind alle unmittelbar
betroffen. Das verleiht dieser Krise eine ungeheure Wucht.» Das
Gemeinwesen werde auf die härteste Probe seit dem Ende des 2.
Weltkrieges gestellt.