Coronavirus lässt Stromverbrauch sinken - Keine Preissenkung in Sicht

Die Coronavirus-Krise setzt der Wirtschaft schwer zu. Dadurch geht
der Energieverbrauch zurück. An der Strombörse sinken bereits die
Preise. Profitieren auch die Verbraucher?

Essen (dpa) - Werksschließungen und Produktionseinschränkungen in der
Industrie wegen der Coronavirus-Krise werden nach Einschätzung der
Energiebranche auch zu einem spürbaren Rückgang des Stromverbrauchs
in Deutschland führen. Die Großhandelspreise für Strom seien bereits

deutlich gefallen, teilte der Bundesverband der Energie- und
Wasserwirtschaft (BdEW) mit. An der Strombörse seien die Preise für
Lieferungen im April innerhalb einer Woche um fast 30 Prozent
gesunken.

Der meiste in Deutschland verbrauchte Strom wird allerdings über
längerfristige Verträge und damit zu festgeschriebenen Preisen
verkauft. «Der Preisverfall am Spotmarkt hat zunächst keinen großen
Einfluss auf den Strompreis für den Endverbraucher», sagte ein
Sprecher des Strompreis-Vergleichsportals Verivox. «Im Gegenteil: Die
Strompreise haben in Deutschland im März mit 30,14 Cent pro
Kilowattstunde ein neues Rekordhoch erreicht.»

Es gebe allerdings günstige Anbieter, deren Tarife seit Anfang des
Jahres um durchschnittlich drei Prozent gesunken seien. «Je
kurzfristiger Versorger einkaufen, desto eher können sie das
gesunkene Preisniveau auch an Verbraucher weitergeben», sagte der
Verivox-Sprecher. Sie hätten jetzt wieder mehr Spielraum, «die
sinkenden Preise im Großhandel weiterzugeben».

In der vergangenen Woche ist der Stromverbrauch in Deutschland noch
weitgehend stabil geblieben. Nach Zahlen der Bundesnetzagentur war
der Nettostromverbrauch bis einschließlich Donnerstag ähnlich hoch
wie in der gleichen Woche vor einem Jahr. Das werde sich aber ändern,
wenn etwa die von der Autoindustrie angekündigten
Produktionseinstellungen umgesetzt seien, heißt es in einem Bericht
des BdEW. Der Stromverbrauch dürfte vor allem dann sinken, wenn auch
die energieintensiven Grundstoffindustrien - wie Stahl, Chemie und
Zement - weniger produzieren.

Gegenläufige Effekte im Energieverbrauch dürften dem Branchenverband
zufolge sehr begrenzt sein. Sollte es zu einem starken Anstieg von
Videokonferenzen oder Homeoffice-Tätigkeiten kommen, werde dadurch
zwar zusätzlicher Stromverbrauch verursacht. Das seien aber nur
geringe Mengen, für die meist Stromverbrauch an anderer Stelle, etwa
im normalen Bürobetrieb, wegfalle. Steigen könnte der Verbrauch in
Rechenzentren und Internet-Knotenpunkten.

Probleme durch einen stark sinkenden Stromverbrauch erwarten die
Netzbetreiber nicht. Die Anpassung an mehr oder weniger kurzfristige
Nachfrageveränderungen sei «Bestandteil unserer täglichen Arbeit»,

sagte eine Sprecherin des Übertragungsnetzbetreibers Tennet. «Uns
stehen ausreichend Werkzeuge zur Verfügung, um potenzielle
Schwankungen in den kommenden Wochen kurzfristig auszugleichen.»