Maßnahmen gegen Corona: Ausgangsbeschränkungen in Berlin?

Für weniger Ansteckungsgefahr ist das öffentliche Leben in der
Hauptstadt bereits auf ein Minimum gedrosselt. Am Sonntag stehen bei
Bund und Ländern auch Ausgangssperren zur Debatte. Es gibt mahnende
Stimmen.

Berlin (dpa/bb) - Größere Treffen sind verboten, die Restaurants zu
und das Abi verschoben. An diesem Sonntag wollen Berlin und
Brandenburg mit den anderen Bundesländern und dem Bund diskutieren,
ob es wegen der Corona-Pandemie noch weitaus härtere Einschnitte
geben soll - zum Beispiel Ausgehbeschränkungen.

Die Berliner CDU hat am Samstag für die Hauptstadt bereits eine
sofortige Ausgangssperre für 21 Tage vorgeschlagen. Zu den Ideen der
Oppositionspartei gehören auch Bundeswehreinsätze im Inneren - unter
anderem zur Überwachung der Ausgangssperre. Müller hatte am Freitag
angekündigt, Ausgehbeschränkungen möglichst zu vermeiden - auch aus
Sorge vor den sozialen Folgen.

Bereits am Samstag hatte der Senat neue Maßnahmen zur Eindämmung der
Coronavirus-Pandemie beschlossen, die ab dem heutigen Sonntag gelten:
Es darf es in der Hauptstadt keine Veranstaltungen, Versammlungen und
Ansammlungen über zehn Personen mehr geben, teilte der Regierende
Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit. Gaststätten mit Tischbetrieb

müssen ab Sonntag für den Publikumsverkehr schließen. Sie dürfen ab
er
weiter Speisen und Getränke zur Abholung oder zur Lieferung anbieten.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) verschob die Abiturprüfungen
und den Mittleren Schulabschluss am Samstagabend auf die Zeit nach
den Osterferien. Viele Jugendliche hätten den Ernst der Lage noch
nicht ganz verstanden und könnten zur Prüfungszeit in der Schule zu
viel Nähe zueinander suchen, hieß es zur Begründung.

Der Berliner Senat will Eltern mit Berufen bei der Feuerwehr, in der
Pflege und im Einzelhandel ab sofort den Zugang zur Notbetreuung für
ihre Kinder erleichtern. Künftig reiche es aus, wenn ein Elternteil
in einem dieser Berufe arbeite, teilte die Senatsverwaltung für
Bildung, Jugend und Familie am Samstag mit. Bislang wurde
vorausgesetzt, dass beide Elternteile in diesen Bereichen arbeiten.

Am Flughafen Tegel dürfen auch weiterhin nachts Maschinen landen. Die
Aufhebung des Nachtflugverbots für ankommende internationale Flüge
werde bis zum 3. April verlängert, hieß es von der Senatsverwaltung
für Verkehr. Damit solle Urlaubern, die aus dem Ausland zurückkehren,
eine rasche Heimkehr ohne Umwege mit Bustransfers ermöglicht werden.

Die Akzeptanz der Verbote variierte am Samstagabend in den Berliner
Stadtteilen stark. Während gutbürgerliche Kieze wie Friedenau
verwaist wirkten, tummelten sich im zentralen Schöneberg Menschen vor
Dönerbuden und in Waschsalons - ohne Abstand. Und die Polizei
twitterte: «Über 100 Erwachsene und Kinder trafen sich im Strandbad
Müggelsee. Mit dieser Schnapsidee sind die Verantwortlichen baden
gegangen. Anzeige ist raus. StayHome geht anders.»

Nach den Berechnungen des Handelsverbands Berlin-Brandenburg
übersteigt die Nachfrage in den Supermärkten inzwischen das Volumen
des Weihnachtsgeschäfts um fast das Dreifache. Die Geschäfte litten
weiter unter einem «irrationalen Abverkauf» von Waren wie
Toilettenpapier, Seife, Drogerieartikeln, Mehl und Pasta, sagte
Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen am Samstag.

«Am verkaufsoffenen Sonntag werden sich wahrscheinlich viele Märkte
nicht beteiligen. Das Personal muss auch mal durchatmen», ergänzte
er. Staatliche Vorgaben zur Begrenzung des Kundenansturms in den
Geschäften seien jedoch nicht nötig, betonte Busch-Petersen. Es sei
klüger, das den Häusern selbst zu überlassen. Busch-Petersen wandte
sich auch direkt an die Berliner: «Leute, entspannt Euch. Wenn es
voll ist, kommt später oder kommt am nächsten Tag früh wieder. Es
wird niemand verhungern.»