Bundestag will Krisenhilfen unter größten Schutzmaßnahmen beschließ en

Ohne den Bundestag geht es nicht: Tagelang stimmten sich die
Fraktionen mit dem Parlamentspräsidenten im Zug immer neuer
Nachrichten ab - nun ist klar: Um historische Beschlüsse zu fassen,
sind die Abgeordneten kommende Woche gefragt.

Berlin (dpa) - Der Bundestag will kommende Woche unter größten
Vorsichtsmaßnahmen beispiellose Milliardenhilfen zum Schutz von
Unternehmen und Beschäftigten in der Corona-Krise beschließen. Nach
einem entsprechenden Kabinettsbeschluss am Montag wollen dafür die
Fraktionen am Dienstag im Reichstagsgebäude zusammenkommen. Am
Mittwoch soll dann das Plenum mit Abstandsregeln tagen, wie ein
Sprecher des Bundestages nach einer Besprechung der Parlamentarischen
Geschäftsführer der im Bundestag vertretenen Parteien mit
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) mitteilte.

Die große Koalition will eine Notfallregelung nutzen, um die
grundgesetzlich vorgeschriebene Schuldenbremse zu umgehen. Damit soll
es dem Staat ermöglicht werden, sich im Zuge der Corona-Krise höher
zu verschulden als erlaubt - etwa für Hilfsprogramme für Wirtschaft
und Bevölkerung. Um das zu beschließen ist aber eine sogenannte
Kanzlermehrheit notwendig, heißt es in einem der Deutschen
Presse-Agentur in Berlin vorliegenden Schreiben des Parlamentarischen
Geschäftsführers der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), an

die Abgeordneten seiner Fraktion. Das heißt, mindestens 355 der 709
Abgeordneten müssen zustimmen.

Die bisherigen Planungen werden damit auf den Kopf gestellt.
Angedacht war aus Sicherheitsgründen eine abgespeckte Sitzungswoche
im Bundestag mit nur einem kleinen Teil der Abgeordneten.

Wie der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten
Schneider, in einem der dpa vorliegenden Brief an die
SPD-Abgeordneten schrieb, ist zwischen den Fraktionen vereinbart, die
Sitzungswoche auf zwei Präsenztage zu reduzieren. Am Dienstag finden
Fraktionssitzungen statt, am Mittwoch tagen das Plenum und die
Ausschüsse für Auswärtiges und Verteidigung, Gesundheit, Arbeit und
Soziales, Recht und Haushalt.

«Wer vom Gesundheitsamt unter Quarantäne gestellt wurde, wer Kontakt
zu einer infizierten Person hatte und sich deshalb für 14 Tage nach
Hause zurückgezogen hat oder wer einer Risikogruppe angehört, der
sollte aber ausdrücklich nicht den Weg nach Berlin antreten», so
Schneider. Auch während des Sitzungsbetriebes werde dem ganz
überwiegenden Teil der Beschäftigten der Fraktion empfohlen, mobil zu
arbeiten. Ähnliche Empfehlungen stehen im Schreiben Grosse-Brömers.

Um den Zeitplan einzuhalten, werden Regierung und Parlament vor dem
für Montag geplanten Kabinettsbeschluss auch am Wochenende beraten.
Es werde gesonderte Formate zwischen den zuständigen Ministern und
den Fraktionsvizes oder den Sprechern der Arbeitsgruppen aller
Fraktionen geben, heißt es im Schreiben Grosse-Brömers. Zum Auftakt
der Debatte am Mittwoch werde Kanzlerin Angela Merkel (CDU) reden. 

Die Abgeordneten sollen so weit es geht Abstand halten. «Die
Bundestagsverwaltung wird geeignete Vorkehrungen treffen, um auch bei
dieser für die sog. Kanzlermehrheit notwendigen Zahl anwesender
Abgeordneter das Infektionsrisiko innerhalb der
Liegenschaften so weit wie möglich zu minimieren», sagte der Sprecher
des Parlaments.

Nach seinen Angaben sollen die notwendigen Gesetzentwürfe am Mittwoch
in erster, zweiter und dritter Lesung behandelt werden. Nach der
Einbringung am Morgen schließt sich die 90-minütige Generalaussprache
an. Es folgen Sitzungen der Ausschüsse und am Nachmittag die
Beschlussfassung im Plenum. Geplant ist anschließend auch eine
Beratung über den Bundeswehreinsatz im Irak und in Syrien. Die
Fraktionen planen nach Angaben des Sprechers zudem eine Änderung der
Geschäftsordnung, um temporär das Quorum für die Beschlussfähigkeit

des Bundestages von 50 auf 25 Prozent abzusenken.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte,
sagte der dpa: «In schwierigen Zeiten ist es so, dass das Parlament
auf neue Lagen sofort eingehen muss und wir zeigen über die meisten
Parteigrenzen hinweg, dass das möglich ist. Die Situation ist
schwierig, aber wir verständigen uns. Wir sorgen dafür, dass die
Beschlüsse des Bundestages transparent laufen und halten die Dinge am
Laufen.»