Haseloff erwägt Ausgangssperre - Infektionszahlen steigen weiter

Wie in Deutschland spitzt sich auch in Sachsen-Anhalt die Lage wegen
der Corona-Pandemie weiter zu. Zwar sind andere Bundesländer deutlich
stärker betroffen - dennoch könnten weitere Einschränkungen
bevorstehen.

Magdeburg (dpa/sa) - Auch zum Wochenende verschärft sich die
Corona-Situation in Sachsen-Anhalt weiter. Ministerpräsident Reiner
Haseloff (CDU) erwägt mittlerweile, angesichts der Ausbreitung des
Coronavirus Ausgangsbeschränkungen zu verkünden. Mittlerweile hat
sich die Zahl der bestätigten Infektionen im Land auf 217 erhöht,

acht Menschen werden im Krankenhaus behandelt, wie aus Angaben des
Sozialministeriums hervorgeht.

Die Bevölkerung müsse dringend zu Hause bleiben und nur
unaufschiebbare Einkäufe erledigen, appellierte Haseloff am Freitag.
Die Maßnahmen der Landesregierung müssten durchgesetzt werden.
«Sollten die Anordnungen nicht befolgt werden, sind weitere
einschneidende Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen möglich», so de
r
Regierungschef.

Aus vielen Baumärkten etwa, werde von starken Kundenanstürmen
berichtet. «Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Märkten sind
schon jetzt stark belastet und die Gefahren einer raschen Verbreitung
des Virus sind evident», so Haseloff. Er rief die Bürger auf, soziale
Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel
(CDU) will am Sonntag mit den Bundesländern über die weiteren
Schritte beraten.

Angesichts der Corona-Krise hat Sachsen-Anhalts Finanzminister
Michael Richter (CDU) Soforthilfen des Landes für Solo-Selbstständige
und Kleinstunternehmer zugesagt. Zudem werde das Land die Hilfen
flankieren, die der Bund am kommenden Mittwoch verabschieden will,
heißt es in seiner zu Protokoll gegebenen Rede zur Verabschiedung des
Haushalts. Darüber hinaus könne mit Bürgschaften in Höhe von bis zu

1,9 Milliarden Euro geholfen werden. «Und natürlich wird das Land
gesetzlich geschuldete Entschädigungsleistungen auszahlen.»

Sachsen-Anhalt hat seit Mittwoch die Schließung der Sport-, Freizeit-
und Kultureinrichtungen, Clubs, Bars und vieler Geschäfte angeordnet.
Zudem dürfen Hotels, Pensionen und Campingplätze keine Touristen mehr
beherbergen. Damit soll die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus
verlangsamt werden, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten.

Der Finanzminister warb dafür, die Mittel des Landes zur Abfederung
der wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus mit Bedacht einzusetzen.
«Nicht alle Ideen zur Krisenbekämpfung sind ökonomisch sinnvoll und
finanziell zu meistern», sagte er laut Manuskript. «Es hilft Menschen
wie Wirtschaft nicht, wenn wir Geld nutzlos versenken.»

Zugleich warnte er vor einem Konjunktureinbruch. Es brauche keinen
Sachverständigen, um infolge der Pandemie Gewitterwolken für die
Konjunktur zu sehen. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie könnten so
drastisch sein, dass von einer Notlage auszugehen sei.

Damit bereitete Richter indirekt darauf vor, dass das Land mit Blick
auf sinkende Steuereinnahmen und zusätzliche Hilfspakete neue
Schulden aufnehmen muss. Das ist laut frisch verabschiedeter
Schuldenbremse nur dann erlaubt, wenn Naturkatastrophen oder Notlagen
eintreten. Die geringeren Steuereinnahmen täten Sachsen-Anhalt auch
deshalb weh, weil es für den Doppelhaushalt 2020/2021 bereits einen
Großteil der Rücklagen für schlechte Zeiten eingeplant habe. Der gut

24 Milliarden Euro schwere Etat wurde am Freitag im Schnellverfahren
und mit erhöhtem Sicherheitsabstand im Parlament verabschiedet.

Unterdessen sind Atemschutzmasken laut Apothekenkammer wegen der
Corona-Pandemie in den Apotheken des Landes ausverkauft. «Momentan
sind auch für uns alle Lager leer. Wir können nichts beschaffen»,
teilte der Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt, Jens-Andreas
Münch, am Freitag mit. Es gäbe nicht mal Masken, mit denen sich die
Mitarbeitenden vor kranken Patienten schützen könnten.

Er betonte, dass das Robert Koch-Institut gesunden Menschen nicht
empfiehlt, sich mit Atemschutzmasken auszustatten. Vielmehr sei es
wichtig, Hygieneregeln zu befolgen und Abstand von anderen Menschen
zu halten.

Das städtische Magdeburger Wohnungsunternehmen Wobau hat unterdessen
seinen privaten und gewerblichen Mietern Hilfe bei der Bewältigung
der Corona-Krise in Aussicht gestellt. «Wir werden unsere Mieter mit
der Krise und ihren wirtschaftlichen Folgen nicht allein lassen»,
teilte Geschäftsführer Peter Lackner mit. Das Unternehmen wolle mit
einem Schutzschirm dazu beitragen, dass niemand, der durch die Krise
in finanzielle Schwierigkeiten gerate, um seine Wohnung fürchten
müsse und sagte auch den Gewerbekunden Hilfe zu. Von der Krise
betroffene Mieter sollen sich bei der Wobau melden.