EU-Kommission will wegen Corona-Krise Haushaltsregeln lockern

Covid-19 und seine Folgen machen der Wirtschaft arg zu schaffen. Die
EU-Kommission befürchtet gar einen Abschwung, der mit dem Krisenjahr
2009 vergleichbar sein könnte. Deshalb will sie größtmögliche
Flexibilität ermöglichen - und macht einen bislang einmaligen
Schritt.

Brüssel (dpa) - Angesichts der erwarteten Wirtschaftskrise infolge
der Coronavirus-Pandemie will die EU-Kommission die Haushaltsregeln
lockern. «Heute, und das ist ganz neu, aktivieren wir die allgemeine
Ausweichklausel. Das wurde noch nie zuvor getan», sagte
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Freitag in einem auf
Twitter veröffentlichten Video.

Auf Anfrage hieß es später aus der EU-Kommission, die Abstimmungen
mit den EU-Staaten liefen am Freitagnachmittag noch. Das in mehreren
Sprachen auf Twitter verbreitete Video wurde zunächst wieder
zurückgestellt. Kurze Zeit später war das Video wieder online.

Nationale Regierungen dürften unbegrenzt in die Wirtschaft
investieren, sagte von der Leyen in dem Video. So könnten sie den
Unternehmen «in dieser unverschuldeten Krise» beistehen. «Um das zu
ermöglichen, mildern wir vorübergehend die sonst sehr strengen
Haushaltsregeln ab.»

Kurz zuvor hatte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde diesen Schritt
bereits angekündigt. Die Initiative sei bereits von der Eurogruppe
sowie den EU-Staats- und Regierungschefs begrüßt worden, sagte sie.

Die erwartete Rezession infolge der Coronavirus-Krise könnte für die
Europäische Union deutlich heftiger ausfallen als zunächst gedacht.
Der Rückgang der Wirtschaftsleistung könnte 2020 vergleichbar mit dem
Abschwung im Jahr der Wirtschaftskrise 2009 sein, teilte die
EU-Kommission am Freitagabend mit. Damals war die Wirtschaft in der
EU um 4,3 Prozent geschrumpft und in der Eurozone um 4,5 Prozent.

Noch vor einer Woche war die Brüsseler Behörde von einem Rückgang der

Wirtschaftsleistung um 1,0 Prozent ausgegangen. Seitdem hätten die
Entwicklungen nahegelegt, dass ein negatives Szenario mit größeren
Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie wahrscheinlich ist, heißt es
nun.

Von der Leyen hatte am Morgen im Deutschlandfunk betont, die 27
EU-Staaten sollten für die Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen
der Corona-Krise großen Spielraum haben. Die einzelnen Länder
bräuchten «maximale Beinfreiheit, um gezielt den Unternehmen, die
jetzt in der Krise sind, helfen zu können». Die Kommission gebe ihnen
deshalb «sehr viel Freiheit» bei Staatshilfen und sei auch «sehr viel

großzügiger» bei den Verschuldungsregeln der Europäischen Union.

Auf die Frage nach möglichen «Corona-Bonds» - gemeinsame europäisch
e
Schuldverschreibungen - antwortete die Kommissionschefin: «Wir gucken
alle Instrumente an. Das, was hilft, wird eingesetzt. Das gilt auch
für Corona-Bonds - wenn sie helfen, wenn sie richtig strukturiert
sind, werden sie eingesetzt.»