Calmund, Seeler, Neureuther: Prominente Sport-Senioren und das Virus Von Kristina Puck, Nils Bastek und Manuel Schwarz, dpa

Der Rat lautet, den Kontakt mit Enkeln zu vermeiden und besonders
vorsichtig zu sein. Wie gehen ältere Prominente aus dem Sport damit
um? Klar ist: Die Coronavirus-Krise hat auch den Alltag von Reiner
Calmund, Heide Ecker-Rosendahl und Rosi Mittermaier verändert.

Stuttgart (dpa) - Normalerweise kümmern sie sich viel um ihre
Enkelkinder. Normalerweise reisen sie häufig. Doch in Zeiten des
Coronavirus ist auch für die Sport-Prominenz der älteren Generation,
die als besonders gefährdet gilt, vieles nicht normal. Strikt halten
sie sich an die Vorgaben, teilweise fühlen sie sich aber unsicher.
Reiner Calmund, Heide Ecker-Rosendahl, Christian Neureuther, Vlado
Stenzel, Paul Schockemöhle und Franz Reindl haben der Deutschen
Presse-Agentur erzählt, wie sie sich in dieser Zeit verhalten.

VLADO STENZEL (85): «Ein bisschen Schiss habe ich schon»

Selbst in seinem abgelegenen Wohnort in Kroatien fühlt sich der
ehemalige Handball-Bundestrainer Vlado Stenzel nicht
einhundertprozentig sicher. «Ich bin in meiner Villa und gehe selten
raus, nur wenn ich muss. Ein bisschen Schiss habe ich schon, obwohl
wir in Dalmatien nur einen Fall haben», sagte der 85-Jährige. Der
Weltmeister-Coach von 1978 wohnt in der Ortschaft Skradin nahe des
bei Touristen beliebten Nationalparks Krka. «Die Leute da leben vom
Tourismus, aber es gibt keine Urlauber. Die Hotels werden auch
Probleme kriegen», sagte er. Von seinen fünf Enkeln muss Stenzel
nicht extra isoliert werden: «Die wohnen alle in Deutschland.»

HEIDE ECKER-ROSENDAHL (73): «Die Kinder versorgen uns»

Die frühere Spitzen-Leichtathletin Heide Ecker-Rosendahl verzichtet
dagegen bewusst auf Treffen mit ihren Enkelkindern. «Wir schreiben
uns per Whatsapp», erzählte die 73-Jährige. Generell geht die
zweifache Goldmedaillengewinnerin von München 1972 zwar mal
spazieren. Überwiegend aber bleibt sie Zuhause, auch Einkaufen geht
sie nicht mehr. «Die Kinder versorgen uns», sagte
Ecker-Rosendahl. Die Zeit vertreibt sie sich im Garten oder mit
Lesen. Die weltweite Entwicklung empfindet sie auch «beängstigend»,
wie sie sagt: «Man tut sich schwer, die Situation einzuschätzen.»

REINER CALMUND (71): «All meine geplanten Vorträge eingestellt»

Dass sich Menschen so große Sorgen um die Erkrankung machen, dass sie
Supermarkt-Regale leer kaufen, hält Reiner Calmund für falsch.
«Menschen haben Angst. Aber durch die Erklärungen der Regierung, dass
die Supermärkte auf bleiben, hoffe ich, dass die Menschen
vernünftiger werden», sagte der Ex-Manager von Fußball-Bundesligist
Bayer 04 Leverkusen. Trotz seines Alters macht sich der 71-Jährige
keine großen Sorgen um seine eigene Gesundheit. «Natürlich nehme ich

die Hinweise der Behörden ernst, außerdem bin ich ja vor sechs Wochen
noch operiert worden», erzählte er. Alle aktuellen Werte seien gut.

Trotzdem hat sich auch sein Leben verändert. Bei seinen sechs Kindern
und vier Enkeln rufe er nun häufiger an. Und er ist öfter daheim als
sonst. «Was den Job angeht, sind all meine geplanten Vorträge, ob auf
Messen, vor Schulleitern oder vor Firmen eingestellt worden.»

CHRISTIAN NEUREUTHER (70), ROSI MITTERMAIER (69): «Akkurat verhal
ten»

Die früheren Skirennfahrer nehmen die Vorgaben sehr ernst. «Wir sehen
das als unsere Verantwortung gegenüber unseren Mitmenschen, gegenüber
unseren Kindern und Enkeln, dass wir uns akkurat verhalten», sagte
Neureuther. Den Kontakt zu anderen beschränken sie auf ein Minimum.
Sohn Felix (35), Schwiegertochter Miriam (29) und deren zwei Kinder
sehen sie zwar weiterhin regelmäßig, weil die Häuser in
Garmisch-Partenkirchen direkt nebeneinander liegen. Ihre Tochter
Ameli (38) und deren Familie aber werden Christian Neureuther und
Rosi Mittermaier vorerst nicht sehen. «Das ist schon traurig, aber
man kann skypen und telefonieren», beschwichtigte Neureuther.

Daheim verkriechen wollen sich die früheren Weltklasse-Sportler aber
nicht. «Es geht ja auch darum, sein Immunsystem zu stärken»,
erinnerte Neureuther. «Wir in den Bergen haben natürlich das Glück,
dass wir nur 50 Meter gehen müssen und dann sind wir in der Natur.
Mir tun die Leute leid, die in einer Großstadt in einer kleinen
Wohnung leben müssen und da nicht mehr raus können.»

FRANZ REINDL (65): «Extrem, wie sich jeden Tag was ändert»

Ähnlich geht es Franz Reindl, dem Olympia-Bronzemedaillengewinner im
Eishockey von 1976, der ebenfalls in Garmisch-Partenkirchen lebt. Der
Präsident des Deutschen Eishockey-Bunds arbeitet jetzt wie so viele
im Büro bei sich Zuhause, kann von dort aus in die Berge blicken.
«Ich reise praktisch überhaupt nicht mehr. Das ist der größte
Unterschied», sagte der 65-Jährige. Außerdem falle am Abend die Zeit

zum Entspannen weg. Jetzt würde er sich praktisch «rund um die Uhr»
mit aktuellen Geschehnissen beschäftigen. «Es ist extrem, wie sich
jeden Tag was ändert», sagte Reindl. Der Kontakt zu seinen vier
Enkelkindern beschränkt sich auf Videoschalten: «Das ist schade!»

UWE SEELER (83): «Quasi weggesperrt»

Fußball-Idol Seeler hat sich mit seiner Frau Ilka «quasi
weggesperrt». Das sagte der Ehrenspielführer der Nationalmannschaft
der «Bild»-Zeitung. Seine Kinder und Enkelkinder würden für ihn
einkaufen, seine Frau jage ihn regelmäßig in den Garten an die
frische Luft. «Sie meint, mit Rasen unter den Füßen kenne ich mich ja

aus», sagte Seeler. Er fühle sich durch die Situation eingeengt,
gestand er. Die Lage sei besorgniserregend. «Jetzt haben wir alle
einen auf den Deckel bekommen und müssen wachsam bleiben.»

PAUL SCHOCKEMÖHLE (74): Geburtstag feiern wäre «der falsche Weg
»

Der einstige Erfolgs-Reiter Paul Schockemöhle wird am Sonntag 75 -
nach Feiern ist ihm in der aktuellen Lage aber nicht zumute. «Jetzt
wäre das der falsche Weg», meinte er. Er werde am Geburtstag ein Glas
Sekt mit seiner Frau Bettina trinken. Das war's. Aber Geburtstage
sind ohnehin nicht so sein Ding. Normalerweise wäre er in diesen
Tagen bei einer Turnierserie in Südspanien. Als Manager der
japanischen Springreiter, die er auf die Olympischen Spielen in Tokio
vorbereiten soll. Doch nun sitzt der Züchter, Veranstalter und
Multi-Unternehmer zu Hause im oldenburgischen Mühlen und muss
versuchen, die Folgen der Pandemie für seine zahlreichen
Unternehmungen zu managen. «Das dauert noch ewig. In diesem Jahr ist
das noch nicht fertig», sagte er.