Von der Leyen kritisiert Grenzstaus: «Wichtige Fracht kommt zu spät»

Das Schengen-Abkommen wird 25 - doch ist ein bitteres Jubiläum. Die
Corona-Krise bringt die Errungenschaften der EU in Gefahr. Und ganz
praktische Notlagen für Tausende Menschen.

Brüssel (dpa) - EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zeigt sich
besorgt über die Megastaus wegen der neuen Grenzkontrollen in Europa.
Tausende Menschen seien gestrandet, sagte von der Leyen der Deutschen
Presse-Agentur in Brüssel. «Insbesondere der Stau im Güterverkehr
führt dazu, dass Lebensmittel, Medikamente und andere Hilfsgüter viel
zu spät ihr Ziel erreichen.» Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock

warnte davor, die Errungenschaften des Schengenraums aufs Spiel zu
setzen.

Mit dem Schengen-Abkommen fielen am 26. März vor 25 Jahren die
Grenzkontrollen zwischen Deutschland und sechs anderen Staaten. Heute
umfasst der Schengenraum 26 europäische Länder. Doch zur Eindämmung
der Coronavirus-Krise hatten etliche von ihnen in den vergangenen
Tagen wieder scharfe Kontrollen eingeführt, auch Deutschland. Vor
allem an der deutsch-polnischen Grenze bildeten sich daraufhin Staus
auf Dutzenden von Kilometern.

Von der Leyen sagte, Gesundheitsschutz sei zwar richtig. «Aber wir
müssen gemeinsam Lösungen finden, die unseren Binnenmarkt in Gang
halten», fügte sie hinzu. Die Situation habe sich seit Beginn der
Woche etwas gebessert. Die Kommission arbeite daran, dass alle
EU-Bürger sicher nach Hause zurückkehren könnten und die
Volkswirtschaft keinen gravierenden Schaden nehme. An diesem Freitag
werde die zuständige EU-Kommissarin Ylva Johansson erneut mit den
EU-Innenministern beraten.

Von der Leyen hatte Leitlinien für einheitliche Verfahren und «grüne
»
Spuren für Lastwagen mit wichtiger Fracht vorgeschlagen und auch
Zustimmung der EU-Staats- und Regierungschefs bekommen. Die Umsetzung
ist aber schleppend. Immerhin hatte sich der Stau auf der A4 Richtung
Görlitz nach Lockerung der polnischen Kontrollen bis Donnerstagabend
auf 30 Kilometer verkürzt.

Grünen-Chefin Baerbock betonte: «Schengen hat unser aller Leben
besser gemacht. Frei reisen, frei handeln, sich frei bewegen, das
gehört zur Stärke Europas.» Die kilometerlangen Staus und die vielen

Stunden Wartezeit zeigten, worauf man ohne diese Abkommen verzichten
müsste.

In der Corona-Krise sei es natürlich sinnvoll, den Reiseverkehr und
Tourismus auszusetzen. Aber in den vergangenen Jahren habe man auch
erfahren, dass «keine der großen Errungenschaften der Einigung in
Europa mehr selbstverständlich» sei, sagte Baerbock.