Kramp-Karrenbauer stellt Bundeswehr auf langen Kriseneinsatz ein

Für die Bewältigung der Corona-Krise werden alle Kräfte mobilisiert -

auch die Bundeswehr. Die Truppe wird schon jetzt mit Anfragen
überhäuft. Ihr Einsatz gegen den «unsichtbaren Gegner» wird aber
Grenzen haben.

Berlin (dpa) - Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer
bereitet die Bundeswehr auf einen langen Kriseneinsatz zur Bekämpfung
des Coronavirus vor. «Uns allen muss bewusst sein, dass dieser Kampf
gegen das Virus ein Marathon ist», sagte die CDU-Chefin am Donnerstag
in Berlin. «Diese Aufgabe wird uns noch lange fordern.» Schon jetzt
sind etwa 50 Anfragen für Hilfseinsätze bei der Truppe eingegangen.

Man werde alles tun, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, sagte
Kramp-Karrenbauer. Gleichzeitig warnte die Ministerin aber auch vor
zu großen Erwartungen. Sie wies unter anderem darauf hin, dass die
Bundeswehr und ihre Krankenhäuser mit rund 3000 Ärzten nur ein
kleiner Teil des Gesundheitssystems sind.

Die Ministerin hatte die etwa 180 000 Bundeswehrsoldaten vorher schon
mit einem Tagesbefehl unter dem Titel «Wir kämpfen gegen einen
unsichtbaren Gegner!» auf eine größere Mobilisierung vorbereitet.
Auch die Fähigkeiten der Reservisten sollten nun sinnvoll genutzt
werden, schrieb sie.

Beim Verteidigungsministerium haben sich nach ihren Angaben schon
2336 Freiwillige gemeldet, die helfen wollen. Insgesamt gebe es
75 000 Reservisten, über deren Erreichbarkeit man verfüge. Der
Reservistenverband der Bundeswehr hat 115 000 Mitglieder, 28 000
nehmen regelmäßig an Übungen teil.

Die Bundeswehr kann laut Grundgesetz bei einer Naturkatastrophe oder
bei einem besonders schweren Unglücksfall abweichend von ihrem
eigentlichen Auftrag der Landesverteidigung auch im Inland eingesetzt
werden. Unter anderem half sie bei den Hochwasserkatastrophen an Elbe
und Oder, aber auch bei der Aufnahme hunderttausender Flüchtlinge aus
Syrien im Jahr 2015.

In der Corona-Krise wurden bereits 13 von rund 50 Anträgen auf die
sogenannte Amtshilfe positiv beschieden. Vor allem geht es derzeit um
die Beschaffung medizinischen Materials. Das Aufgabenspektrum dürfte
in den nächsten Wochen aber erheblich ausgeweitet werden. «In der
aktuellen Situation sind schnelle Entscheidungen wichtig», sagte
Kramp-Karrenbauer. «Wir werden so lange unterstützen, wie wir
gebraucht werden.»

Generalinspekteur Eberhard Zorn stellte klar, dass es bisher keine
Anträge aus den Ländern oder Kommunen gebe, die Patrouillen der
Bundeswehr in Ortschaften forderten. «Es ist nicht davon auszugehen,
dass wir jetzt hier in irgendeiner Form einen Aufmarsch machen.» Die
Bundeswehr bewache lediglich ihre Kasernen mit Pistolen und Gewehren
- unter den engen gesetzlichen Auflagen. Es gebe bei der Bewaffnung
eine klare Limitierung durch die rechtsstaatlichen Vorgaben. «Es
braucht sich keiner Sorgen machen, dass die Bundeswehr Coronapartys
auflöst oder Ausgangsbeschränkungen überwacht.»

Das Land Thüringen hat bereits einen Antrag gestellt, dass die
Bundeswehr in einer Flüchtlingsunterkunft in Suhl mithilft, deren
Bewohner unter Quarantäne stehen. «Es geht dabei nicht um Bewachung,
sondern um die Sicherung der Versorgung für die rund 500 Bewohner,
die in Quarantäne sind», sagte ein Sprecher der Landesregierung in
Erfurt.

Die Polizei hatte Anfang der Woche 22 Männer wegen Widerstands gegen
die Isolationsbestimmungen aus der Landeserstaufnahmestelle in Suhl
verlegt. Sie wurden in einem leerstehenden Gelände auf dem Gelände
der ehemaligen Jugendarrestanstalt in Arnstadt untergebracht.

Kramp-Karrenbauer sagte in Berlin, es gehe in Thüringen um eine
Aufnahmeunterkunft, in der alle Bewohner unter Quarantäne stünden
«und wo die zivilen Kräfte, also die privaten Sicherungsdienste, eben
auch im Moment nicht so verfügbar sind». Wie sie mit dem Antrag
umgehen wird, sagte die Ministerin nicht.

Im Tagesbefehl schrieb sie: «Wir helfen bei der Gesundheitsversorgung
und wenn nötig auch bei der Gewährleistung von Infrastruktur und
Versorgung sowie der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung.»
Dafür werde sich die Bundeswehr mit hohem Engagement einbringen und
im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten umfassend unterstützen. Das
habe sie den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der
Bundesländer in Telefongesprächen persönlich versichert.