Patrouillen und Arzneilieferungen: Das tun Armeen in der Corona-Krise

Berlin (dpa) - Im Kampf gegen das Coronavirus kommt in vielen Ländern
auch das Militär zum Einsatz. Verteidigungsministerin Annegret
Kramp-Karrenbauer (CDU) bereitet die Bundeswehr auf eine größere
Mobilisierung ihrer Reserve vor. Die Reservisten könnten im
Sanitätswesen über die Versorgung bis zur Aufrechterhaltung von
Sicherheit und Ordnung zum Einsatz kommen. Wie sieht es anderswo aus?

In der SCHWEIZ findet Verteidigungsministerin Viola Amherd zufolge
die größte Mobilmachung seit dem Zweiten Weltkrieg statt: Hunderte
Soldatinnen und Soldaten rückten zur Unterstützung der Krankenhäuser

ein. Insgesamt will die Armee zunächst bis Ende Juni 8000 Männer und
Frauen zur Verfügung stellen. Sie sollen in der Patientenpflege, aber
auch der Logistik, etwa dem Transport von Kranken, eingesetzt werden.

Auch ÖSTERREICHS Bundesheer mobilisiert Reservisten. «Wir gehen davon
aus, dass wir mit Mai rund 3000 Milizsoldaten in den Dienst stellen
werden», sagte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner. In der
Alpenrepublik ist es üblich, dass das Militär etwa bei einem starken
Wintereinbruch in den Alpen oder bei Naturkatastrophen hilft. Derzeit
werden Soldaten und Zivilbedienstete etwa in Lebensmittellagern
großer Handelsketten eingesetzt. Zudem soll das Bundesheer den Schutz
von Botschaften übernehmen und damit Polizei entlasten.

ITALIEN: Das Verteidigungsministerium in Rom hat früh mit der
Unterstützung begonnen. Kräfte des Militärs halfen an den Checkpoints

in den ersten Sperrzonen in der Lombardei. Verteidigungsminister
Lorenzo Guerini kündigte an, dass Versorgungsbetriebe des Militärs
ihre Produktion für zunächst vier Monate teils umstellen würden, um
dringend benötigte Geräte für die Intensivmedizin herzustellen. Das
Ministerium lässt in einer Fabrik Hunderte Liter Desinfektionsmittel
pro Tag herstellen. Militärärzte und Schwestern unterstützen
überfüllte Krankenhäuser im Norden. Weitere Krankentransportwagen und

Feldlazarette wurden zugesagt. Außerdem stellt das Militär Fluggerät

und Lastwagen für Material- und Sarg-Transporte zur Verfügung.

In FRANKREICH hilft die Armee im Elsass mit zusätzlichem
medizinischen Personal und Krankentransporten. Im «Krieg» gegen das
Virus, wie Staatschef Emmanuel Macron es kürzlich ausgedrückt hatte,
wird im schwer betroffenen Département Haut-Rhin ein Armeekrankenhaus
eingerichtet. Die Vorbereitungen für die mobile Intensivstation mit
30 Betten in Mülhausen (Mulhouse) laufen. Zudem fliegt das Militär
schwer Erkrankte von dort in andere Landesteile aus.

Die Zahl der SPANISCHEN Soldaten im Kampf gegen das Virus wächst von
Tag zu Tag - zuletzt rund 2600 in 48 Städten. Seit Mittwoch
unterstützt auch die Luftwaffe. Seit Tagen sind die Militärische
Nothilfeeinheit UME, Heer und Marine überall im Einsatz. Die Soldaten
helfen etwa, die Ausgangssperre zu überwachen, Menschenaufläufe etwa
an Bahnhöfen zu verhindern und öffentliche Einrichtungen zu
desinfizieren. Die UME errichtete im Madrider Messezentrum eine
Notunterkunft für Obdachlose. Interessant: Die Soldaten werden bisher
nicht in den stark nationalistischen Regionen Katalonien und
Baskenland eingesetzt. Medien vermuten, Madrid wolle keine
Empfindlichkeiten verletzen. Stabschef Miguel Ángel Villarroya wies
das zurück.

GROSSBRITANNIENS Verteidigungsministerium unterstützt mit einer
Spezialtruppe den Kampf gegen die Pandemie. Die für zivile Notfälle
bereitstehenden Truppen werden hierfür auf 20 000 Mitglieder
verdoppelt, wie Verteidigungsminister Ben Wallace ankündigte. Auch
Reservisten könnten dazugehören und beispielsweise als Techniker,
Ingenieure oder Ärzte arbeiten. Sein Ministerium stelle auch
hochqualizierte Wissenschaftler für die Corona-Forschung und Fahrer
für den Transport von Sauerstoff zur Verfügung, so Wallace.

POLEN: In Polen sind nach Angaben von Verteidigungsminister Mariusz
Blaszczak 2100 Soldaten im Kampf gegen das Coronavirus im Einsatz. Zu
ihren Aufgaben zählt, Ältere und Menschen in Quarantäne zu versorgen.

Zudem transportieren sie Medikamente in Kliniken. Psychologen der
Streitkräfte beraten über eine Hotline Menschen, die wegen Quarantäne

oder einer Corona-Erkrankung in einer psychische Krise geraten sind.

In UNGARN sollten ab Donnerstag in 140 strategisch wichtigen
Unternehmen etwa der Energieversorgung, des Verkehrs und des
Gesundheitssektors sogenannte Militärlenkungsgruppen aktiv werden.
Diese bestehen aus Militärs, Polizisten und Katastrophenschützern.
«Die Lenkungsgruppen beobachten und koordinieren die Arbeit dieser
Unternehmen», sagte Verteidigungsminister Tibor Benkö. Sie sollen die
Sicherheit und die Arbeitsfähigkeit der Unternehmen gewährleisten.

In TSCHECHIEN wurden 941 Soldaten an die Grenzen geschickt, um bei
der Kontrolle des Einreise- und Ausreisestopps zu helfen. Die
Regierung in Prag kündigte bereits den Einsatz von doppelt so vielen
Soldaten an. Die Armee hilft derzeit auch beim Transport von
medizinischen Gütern, wie dem Einfliegen von Schutzkleidung aus
China. In SERBIENS Hauptstadt Belgrad sind etwa seit der Verschärfung
der Ausgangsbestimmungen - es herrscht abends und nachts ein
Ausgangsverbot - in den Straßen zwei- bis dreiköpfige bewaffnete
Militärpatrouillen unterwegs.

Auch NORWEGEN hat Reservisten an die Grenzen einberufen. Sie sind
unbewaffnet, haben aber begrenzte Polizeibefugnisse. Auch am Osloer
Flughafen Gardermoen wurden Soldaten eingesetzt. In ESTLAND werden
bis zu 150 Mitglieder der Freiwilligenarmee Kaitseliit
(Verteidigungsbund) eingesetzt. Die Hobbysoldaten unterstützen die
Polizei- und Grenzschutzbehörde bei der Grenzsicherung.

ISRAEL hat bisher rund 4500 Reservisten eingezogen. Die Armee soll
unter anderem für den Betrieb von zuvor leerstehenden Hotels
zuständig sein, in denen leicht Erkrankte genesen sollen.

In den USA sollen zwei Lazarettschiffe mit jeweils rund 1000 Betten
in Kürze auslaufen. Das Militär will die zivilen Behörden mit bis zu

fünf Millionen Atemmasken und rund 2000 mobilen Beatmungsgeräten aus
der «strategischen Reserve» unterstützen, wie Verteidigungsminister
Mark Esper erklärte. Zudem waren am Mittwochmorgen bereits rund 2000
Soldaten der Nationalgarde in 23 Bundesstaaten zur Unterstützung der
zivilen Behörden im Einsatz. Die Luftwaffe flog am Dienstag laut
Ministerium rund 500 000 Abstriche aus Italien ein, mit denen in
Arztpraxen auf das Virus getestet werden kann. Zudem würden in 14
Militärlaboren Tests durchgeführt, hieß es.

Auch in HONDURAS, ECUADOR oder auf den PHILIPPINEN überwachen
Soldaten etwa Ausgangssperren. PERUS Soldaten riegeln zudem unter
anderem die Zufahrtswege in die Hauptstadt Lima ab. CHILES
Streitkräfte sollen in bestimmten Gegenden die Polizei unterstützen
und auch im Gesundheitsbereich helfen. Militärs übernehmen auch die
Kontrolle der öffentlichen Sicherheit. In EL SALVADOR sollen 2000
Soldaten dafür sorgen, dass die Grenzen dicht bleiben. Das Land
riegelte sich früh ab. Bisher wurden dort keine Infektionen mit dem
Coronavirus bestätigt. In THAILAND helfen Soldaten dabei, mit
Desinfektionsmitteln die Straßen von Bangkok zu reinigen.