Getrotzt bis kurz vor Mittag: Geister-Reitturnier doch abgebrochen Von Michael Rossmann, dpa

Das Ruhr-Derby von Borussia Dortmund gegen Schalke 04 ist wie alle
anderen Spiele der Fußball-Bundesliga abgesagt worden. Aber nur
wenige hundert Meter neben dem Stadion des BVB gibt es bis
Sonntagmorgen internationalen Spitzensport.

Dortmund (dpa) - Um 10.08 Uhr war der Spuk vorbei - das
Geisterturnier in der Dortmunder Westfalenhalle wurde am Ende doch
noch abgebrochen. Bis zum Sonntagmorgen war die
Drei-Sterne-Veranstaltung ein Kuriosum der besonderen Art: das
einzige internationale Event des olympischen Sports, das trotz der
Ausbreitung des Coronavirus am Wochenende in Deutschland stattfand.

Die Nachwuchs-Dressurreiterin Sophie Dammeyer war die letzte Siegerin
der viertägigen Veranstaltung, ehe der Veranstalter den Abbruch
verkünden musste. Kurz nach zehn war die Verfügung der Stadt Dortmund
eingetroffen. «Der Aufforderung der Behörden leisten wir
selbstverständlich Folge, so wie wir auch die Auflagen der Ämter in
den vergangenen Tagen umgesetzt haben», sagte Veranstalter Kaspar
Funke.

«Es ist ein Trauerspiel, aber es geht nicht anders», kommentierte die
sechsmalige Olympiasiegerin Isabell Werth. Die erfolgreichste
Reiterin der Welt war zunächst nach 's-Hertogenbosch gereist, um dort
die Weltcup-Prüfung zu reiten. Nach der Absage in den Niederlanden
fuhr Werth nach Dortmund und ritt dort. «Ich habe das vor allem für
den Veranstalter gemacht, um ihm den Rücken zu stärken», erklärte d
ie
50 Jahre alte Dressurreiterin: «So ein Turnier ist ja ein
wahnsinniges Investment. Da geht es um Schadenbegrenzung.»

Turnierorganisator Funke erklärte: «Eine Absage hätte uns rund 600

000 Euro gekostet. Mit der Möglichkeit unter Auflagen das Turnier
durchzuführen, ist der Verlust zumindest zu verringern. Gleichzeitig
konnten wir die Auflagen der Behörden guten Gewissens umsetzen.»

Der Veranstalter konnte das Turnier nach eigener Aussage - zumindest
bis zum Sonntagmorgen - durchführen, weil er den Erlass des
Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW
berücksichtigt hatte. Demnach waren nur Veranstaltungen mit mehr als
1000 Besuchern untersagt. Beim Turnier in der Westfalenhalle waren
Reiter, Pfleger, Funktionäre und Mitarbeiter, aber nur ganz wenige
Zuschauer in den Logenbereichen anwesend.

Zu den Gewinnern des Turniers gehörte Ingrid Klimke. Die
Mannschafts-Olympiasiegerin in der Vielseitigkeit siegte in der
Westfalenhalle im Sattel von Franziskus einen Grand Prix und sagte
anschließend: «Die Zuschauer sind zwangsläufig nicht da, aber die
wenigen Leute, die in der Halle waren, haben sich trotzdem gefreut
über den Sport.»

Das Turnier in 's-Hertogenbosch, wo die letzte Station des Weltcups
in Westeuropa geplant war, sollte ursprünglich ebenfalls ohne
Publikum stattfinden. Doch dann wurde die Veranstaltung in den
Brabant-Hallen am Freitag kurzfristig abgesagt.

Die gesamte Weltcup-Serie ist ebenfalls beendet, das Final-Turnier in
Las Vegas abgesagt. «Es ist sehr bedauerlich, dass wir das
Weltcup-Finale nächsten Monat in Las Vegas absagen mussten», sagte
Ingmar de Vos, Präsident der Internationalen Reiterlichen
Vereinigung: «Aber diese Entscheidung lag nicht in unseren Händen.
Die globalen Bedenken bezüglich der Verbreitung des Coronavirus und
die Reise-Beschränkungen der US-Regierung bedeuten, dass die Finals
wie viele andere Sport-Großveranstaltungen diesem Ausbruch zum Opfer
fallen.» Es ist das erste Mal seit dem Beginn des Weltcups 1978, dass
es keinen Sieger gibt.