Big Data und Big Brother: China bekämpft Virus mit Überwachungsdaten

Peking (dpa) - Eine Handy-App als Virus-Kontaktmelder, automatische
Fiebermessung und Gesichtsmaskenerkennung sowie
30-Tage-Bewegungsdaten vom Mobilfunkbetreiber. Im Kampf gegen die
Ausbreitung des neuen Coronavirus Sars-CoV-2 fährt China seine ganze
Überwachungstechnologie auf. So fördern Regierung,
Gesundheitskommission und China Electronics Technology (CETC) ein
Handyprogramm, mit dem Nutzer feststellen können, ob sie in engem
Kontakt mit jemandem waren, der mit dem Virus infiziert ist oder als
Verdachtsfall gilt.

Nach Eingabe der persönlichen Daten und Identifikationsnummer greift
das Programm auf die gesammelten Informationen der Behörden zurück,
um die Bewegungsspur der Person mit dem Aufenthaltsort von
Infizierten abzugleichen. Angezeigt wird etwa, ob beide in einem Raum
waren, im selben Haus oder ob sie dasselbe Flugzeug benutzt haben.
Wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete, kann sogar
festgestellt werden, ob ein Passagier im Flugzeug in derselben Reihe
mit einem Infizierten oder drei Reihen davor oder dahinter gesessen
hat.

Während an U-Bahnhöfen und Flughäfen automatische Fiebermessung und
Gesichtserkennung erfolgt, entwickelte der Internetriese Baidu auch
eine Erkennungssoftware mit Künstlicher Intelligenz, die in großen
Menschenmengen jeweils Personen identifizieren kann, die keinen
Mundschutz tragen. Zudem könnten Arbeitgeber damit bei ihren
Beschäftigten verfolgen, ob sie Schutzmasken tragen.

Der Mobilfunkbetreiber China Mobile bietet nach Medienberichten auch
an, dass Nutzer eine Textnachricht per SMS schicken können, um ihre
Bewegungsdaten der vergangenen 30 Tage abzurufen. So gibt es
Berichte, dass lokale Stellen damit prüfen, an welchen Orten die
Reisenden gewesen sind. «Wir befürworten jetzt den Einsatz von
Big-Data-Technologie, um den Zusammenhang der Menschenströme und
Ansteckungen zu verfolgen», sagte die Epidemiologin Li Lanjuan der
Tageszeitung «China Daily».

Die Experten verfolgten Verbindungen der Infektionen mit Sars-CoV-2
in verschiedenen Provinzen zu dem Markt mit Wildtieren in der
Metropole Wuhan, wo der Ausbruch vermutlich seinen Ausgang genommen
hat. «Big Data hilft, diejenigen zu finden, die Kontakte zu
Infizierten hatten», sagte Li Lanjuan. «Deswegen fördern wir jetzt
mit allen Mitteln die Anwendung von Big-Data-Methoden.»