Merz will «Aufbruch» für Union - Bereitschaft zu CDU-Parteivorsitz

Friedrich Merz will bei einem Auftritt in einem Berliner Ballhaus mit
Sachthemen punkten. Er vermeidet ein klares «Ja» auf die Frage, ob er
für den CDU-Vorsitz kandidiert - macht aber deutlich: Er ist bereit.

Berlin (dpa) - Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat indirekt
seine Bereitschaft für eine Kandidatur zum CDU-Vorsitz bestätigt.
Merz machte am Donnerstagabend bei einem Mittelstandsforum in Berlin
deutlich, er sei bereit, Verantwortung zu übernehmen. Auf die
konkrete Nachfrage des Moderators, ob er für Parteivorsitz und
Kanzlerkandidatur antrete, antwortete Merz aber nicht direkt. Der
Vizepräsident des CDU-Wirtschaftsrates erklärte, er rechne mit einer
Entscheidung über die Personalfragen wahrscheinlich bis zur
Sommerpause.

Die Union brauche einen «Aufbruch nach vorne», sagte Merz. In
Umfragen liege die CDU bei 22 Prozent. Das sei furchtbar. Das
Potenzial liege bei 35 plus x. Dieses Potenzial müsse man nun
gemeinsam ausschöpfen. Er sei dazu bereit, seinen Beitrag zu leisten.
Die Entscheidung treffe am Ende aber ein Bundesparteitag. Merz
kündigte an, er werde in der kommenden Woche mit CDU-Chefin Annegret
Kramp-Karrenbauer sprechen, die ihren Rückzug angekündigt hatte.

Die Deutsche Presse-Agentur hatte am Mittwochabend aus dem engsten
Umfeld von Merz erfahren, er sei entschlossen, zu kandidieren. Merz
wisse die Parteibasis hinter sich und fühle sich durch aktuelle
Umfragen ermutigt, hieß es. Als Kandidaten für den CDU-Vorsitz gelten
neben Merz der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet
und Gesundheitsminister Jens Spahn.

Spahn bekräftigte bei einer Preisverleihung in Berlin,
«Verantwortung übernehmen» zu wollen. Wie CDU-Vorsitz und
Kanzlerkandidatur der Union vergeben würden, darüber müsse «in den

nächsten Tagen und Wochen» eine Entscheidung fallen. Ein klares
Bekenntnis zu einer eigenen Kandidatur für den Parteivorsitz lehnte
Spahn trotz Nachfragen erneut ab. Er verwies lediglich auf die
schwierige politische Situation in Deutschland, die klares Handeln
erfordere. Laschet hielt sich auch am Donnerstag weiter bedeckt.

Merz sagte auf dem Mittelstandsforum, Sachkompetenz, gute Führung
sowie Freude an der politischen Auseinandersetzung und der Lösung von
Problemen - das müsse die Botschaft der Union im zweiten Halbjahr
2020 sein. Dann habe er «große Freude», dabei mitzumachen.

Der CDU-Politiker betonte zugleich: «Wir müssen wirklich sorgfältig
abwägen, in welcher Kombination und Konstellation wir in die nächste
Bundestagswahl gehen.» Es gebe auch einen Tag danach: «Wir müssen
dafür sorgen, dass die Union zusammenbleibt. Das ist nicht trivial.»
Jene, die zur Übernahme von Verantwortung bereit seien, müssten nun
Zeit bekommen, über die künftige Aufstellung zu beraten.
Kramp-Karrenbauer habe Recht mit der Auffassung, dass Parteivorsitz
und Kanzlerschaft in eine Hand gehörten.

Merz sagte, nach seiner Kandidatur für den Parteivorsitz im Jahr 2018
hätten es viele als komisch empfunden, wenn er nicht erneut darüber
nachdenken würde. Man führe nun Gespräche miteinander und mit der
Parteivorsitzenden. Kramp-Karrenbauer habe den Anspruch darauf, «dass
sie diesen Prozess führt». Alle Interessenten verbinde eines: «Wir

wollen dafür sorgen, dass die Union aus diesem Parteitag, der jetzt
notwendigerweise stattfindet, gestärkt hervorgeht. Ich will dazu
meinen Beitrag leisten.»

Er sehe auch die Umfragen - diese seien aber auch nicht alles, sagte
Merz vor dem Hintergrund von Umfragen, in denen er vorne liegt im
Vergleich zu den anderen möglichen Kandidaten, Laschet und Spahn.

Kramp-Karrenbauer hatte am Montag ihren Verzicht auf die
Kanzlerkandidatur erklärt. Zudem hatte sie angekündigt, sich nicht
wieder um den Parteivorsitz zu bewerben.

Auslöser der jüngsten Verwerfungen in der CDU - mit der
Rückzugsankündigung von Kramp-Karrenbauer - war die Thüringen-Krise.

Dort war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen von CDU und
AfD zum Ministerpräsidenten gewählt worden, was einen Proteststurm
ausgelöst hatte.

Merz sagte mit Blick auf Thüringen, es gebe eine erkennbare Krise der
politischen Parteien in Deutschland, ausgelöst durch eine Verlagerung
der politischen Diskussion auf die Ränder und insbesondere das
Erstarken der AfD. Mit «diesen Leuten» gebe es für die Union keine
Zusammenarbeit. Eine Ministerpräsidentenwahl wie in Thüringen dürfe
sich nicht wiederholen.

Das Erstarken der politischen Ränder sei auch ein Ergebnis von
«Orientierungslosigkeit» und «empfundener Führungslosigkeit». Es
sei
die Aufgabe der Union aber auch der SPD, Wähler von der AfD
zurückzuholen. Dies sei auch möglich. Die Union müsse zur nächsten

Wahl eine ganze Reihe von Sachfragen klären. Dies bedeute aber keinen
Bruch mit den vergangenen 15 Jahren, sagte Merz mit Blick auf die
Kanzlerschaft von Angela Merkel.

Im Ergebnis seien es gute Jahre für Deutschland gewesen, sagte Merz.
Er habe das Gefühl, dass er einen Beitrag leisten könne, dass es gut
bleibe und vielleicht noch ein bisschen besser werde.

Merz verwies außerdem auf «tektonische Verschiebungen» politisch und

ökonomisch, mit einem Erstarken von China und den Vereinigten
Staaten, die unter US-Präsident Donald Trump nicht mehr die
weltpolitische Ordnungsmacht sein wolle. Deswegen müsse die
EU gestärkt werden und mehr Verantwortung übernehmen, etwa im Nahen
Osten.

In der Klima- und Umweltpolitik dürfe die Union keine «Kopie» der
Grünen werden, warnte Merz. Der Wandel gehe nur mit der Industrie,
nicht gegen sie. Der CDU-Politiker sprach sich für einen härteren
Kurs in der Innenpolitik aus. Es dürfe keine «rechtsfreien Räume» u
nd
Ausschreitungen linker «Chaoten» geben, die nicht davor
zurückschreckten, Polizisten zu attackieren. Themen und Probleme wie
diese müsse die CDU wieder klarer benennen, machte Merz deutlich.