WHO: Genitalverstümmelung bei Mädchen verursacht Milliardenkosten

Es soll ein Keuschheitsritual sein, ist aber Gewalt gegen kleine
Mädchen: die Genitalverstümmelung. Die damit oft lebenslang
verbundenen Komplikationen verursachen enorme Kosten.

Genf (dpa) - Komplikationen durch die Genitalverstümmelung bei
Mädchen sind eine schwere Belastung für die Gesundheitsbudgets der
Länder, wo diese Praxis verbreitet ist. Jedes Jahr müssten dafür 1,4

Milliarden Dollar (knapp 1,3 Milliarden Euro) aufgebracht werden,
berichtete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf zum
internationalen Tag für «Null Toleranz gegenüber weiblicher
Genitalverstümmelung» an diesem Donnerstag. In einigen Ländern mache

das 30 Prozent des Gesundheitsbudgets aus.

Die Praxis ist in Ländern in Afrika, im Nahen Osten und etwa in
Indonesien in Asien verbreitet. In Ländern wie Somalia, Guinea und
Dschibuti werden nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef mehr als
90 Prozent der Mädchen beschnitten. Dabei werden den meisten im Alter
von vier oder fünf Jahren die äußeren Geschlechtsorgane teilweise
oder vollständig entfernt. Insgesamt leben nach Schätzungen mehr als
200 Millionen Mädchen und Frauen mit verstümmelten Genitalien in etwa
30 Ländern. Seit 1997 hätten in Afrika und im Nahen Osten 26 Länder
die Praxis verboten, sie sei aber weiter weit verbreitet.

«Genitalverstümmelung ist nicht nur eine katastrophale Verletzung der
Menschenrechte, die die körperliche und geistige Gesundheit von
Millionen Mädchen und Frauen schwer beeinträchtigt», sagte der
zuständige WHO-Direktor Ian Askew. «Es ist auch ein
volkswirtschaftlicher Schaden.» Es müsse mehr investiert werden, um
die Praxis zu stoppen.

Betroffene Mädchen und Frauen erleben demnach lebensgefährliche
Infektionen und Blutungen. Viele sterben bei dem oft unter
unhygienischen Umständen durchgeführten Gewaltakt. Viele entwickelten
zudem lebenslange chronische Probleme, hätten Schmerzen während der
Menstruation, beim Urinieren und beim Geschlechtsverkehr sowie
Komplikationen bei der Geburt.

Die Verstümmelung habe keinerlei gesundheitlichen Nutzen, betonte die
WHO. Anders ist es bei der Beschneidung von Männern. Unter anderem
ist dadurch die Übertragungsrate von HIV nach Angaben der WHO bei
heterosexuellen Männern dadurch deutlich reduziert.

Am 22. Februar kommt das Thema Genitalverstümmelung mit der
Welt-Uraufführung von «Wüstenblume» auf eine Musical-Bühne in St.

Gallen in der Schweiz. Es geht um das Leben der Somalierin Waris
Dirie (Jahrgang 1965). Sie wuchs als Nomadin auf, flüchtete vor einer
Zwangsheirat, arbeitete als Dienstmädchen in London, wurde dort als
Model entdeckt und startete in den 80er Jahren eine internationale
Karriere. Sie ist selbst beschnitten worden und leidet nach eigenen
Angaben bis heute an den Komplikationen. Dirie war von 1997 bis 2003
UN-Botschafterin gegen die Beschneidung weiblicher Genitalien.