Schwierige Messen in Zeiten des Coronavirus Von Christian Ebner, dpa

Messen sind die Marktplätze der globalisierten Weltwirtschaft. In
Zeiten des Coronavirus scheint der persönliche Kontakt zwischen
Geschäftspartnern zum Risiko zu werden. Die Folgen sind auch an
deutschen Messeplätzen zu spüren.

Frankfurt/Main (dpa) - Die Furcht vor dem neuartigen Coronavirus
erschwert weltweit das Messegeschäft. Während die Frankfurter
Messegesellschaft noch über die konkreten Folgen für die
Konsumgüterschau «Ambiente» ab kommenden Freitag rätselt, bleiben b
ei
anderen Veranstaltungen insbesondere die Aussteller und Besucher aus
Asien weg. So verzichtet der Elektronikriese LG auf die Teilnahme an
der Mobilfunkmesse MWC in Barcelona und in Berlin blieb bei der
«Fruit Logistica» die Hälfte der chinesischen Aussteller fern.

Die Frankfurter «Ambiente» (7.-11. Januar) beansprucht für sich den
Titel einer Weltleitmesse in Sachen Konsumgüter fürs Wohnen, Essen,
Trinken, Kochen und Schenken. 136 000 Fachbesucher aus 167 Ländern
trafen im vergangenen Jahr auf 4460 Aussteller, die das gesamte
Gelände bespielten. Mehr als 5000 Besucher und 601 Stände stammten
vor einem Jahr aus der Volksrepublik China, machten einen wichtigen
Teil des Handels aus.

Wie viele in diesem Jahr erscheinen werden, können die Veranstalter
derzeit nicht sagen. Schon der eingeschränkte Flugverkehr zwischen
China und Europa stellt einen Engpass dar. «Es werden nicht alle
Aussteller und Einkäufer nach Frankfurt kommen», erklärte
Messe-Geschäftsführer Detlef Braun am Mittwoch. Die 4635 Stände seien

alle bezahlt. Das genaue Ausmaß werde man aber erst am ersten
Ausstellungstag am Freitag sehen. «Derzeit schauen wir in eine
Glaskugel».

Die Zahl der angemeldeten chinesischen Aussteller ist vom Vorjahr
noch einmal um rund 10 Prozent auf 664 gestiegen. Dazu kommen noch
183 aus Hongkong und 128 aus Taiwan. Aus der rotchinesischen
Krisenprovinz Hubei mit ihrer besonders stark betroffenen Hauptstadt
Wuhan sind vier Firmen angemeldet. Laut Messe ist noch nicht klar, ob
diese oder auch weitere, bereits aufgebaute Stände geschlossen
bleiben oder gegebenenfalls mit Personal aus Europa betrieben werden.

Das Frankfurter Gesundheitsamt schätzt die Corona-Infektionsgefahr
auf der Messe als sehr gering ein. Sehr viel wahrscheinlicher könne
man sich mit einer Grippe anstecken, sagt der Experte Antoni Walczok
und rät zum häufigeren Händewaschen. Grundsätzlich seien sowohl die

Messe als auch die umliegenden Krankenhäuser auf jedes Szenario gut
vorbereitet. Die Vorgaben der Mediziner würden penibel umgesetzt,
versichert die Messe. Dazu gehören zusätzliche Reinigungsgänge für

bekannte Kontaktflächen wie Türgriffe, Handläufe oder Aufzugsknöpfe
.
Man werde auch sichtbar mehr Reinigungspersonal und medizinische
Kräfte vorhalten, sagt Sprecher Erdmann Kilian.

Die stark internationalisierte Frankfurter Messe ist keineswegs nur
an ihrem Stammsitz gebeutelt, der vor einigen Tagen die Ausrichtung
der lukrativen Gastveranstaltung «Internationale Automobilausstellung
(IAA)» verloren hat. Wegen rigider Vorgaben der chinesischen
Regierung mussten bereits sechs Veranstaltungen in China mindestens
verschoben werden. Das Reich der Mitte ist für die Gesellschaft der
zweitwichtigste Markt, der aus vier örtlichen Büros mit rund 650
Mitarbeitern organisiert wird. Die wirtschaftlichen Folgen könne man
noch nicht absehen, erklärte Braun.

Dass keineswegs nur chinesische Firmen ihre Messebesuche reduzieren
oder gar absagen könnten, zeigt das Beispiel der Mobilfunkmesse MWC
in Barcelona Ende Februar. Der südkoreanische Elektronik-Gigant LG
sagte seine Teilnahme am Mittwoch komplett ab. Man folge der
Empfehlung vieler Gesundheitsexperten, im Moment auf unnötige
internationale Reisen zu verzichten, hieß es zur Begründung. Für
Messeveranstalter klingt das wie eine Bedrohung.