Knapp 3000 neue Corona-Fälle - Zeichen stehen nicht auf Entspannung

Hongkong schließt Grenzübergänge, China beendet in Rekordzeit den B
au
einer großen Klinik. Immer mehr Menschen in dem Land infizieren sich
mit dem Coronavirus, immer mehr sterben. Ein Ende ist erstmal nicht
in Sicht.

Peking (dpa) - Die Coronavirus-Epidemie wird ihren Höhepunkt nach
Einschätzung chinesischer Experten erst in zehn Tagen bis zwei Wochen
erreichen. Dafür müssten aber vorbeugende Maßnahmen verstärkt werde
n,
sagte der Chef des nationalen Expertenteams im Kampf gegen das
Coronavirus, Zhong Nanshan, nach Angaben chinesischer Staatsmedien
vom Montag. «Wir dürfen in unserer Wachsamkeit nicht nachlassen.»
Damit korrigierte er seine Einschätzung von vor einer Woche, als er
den Höhepunkt noch für Ende dieser Woche vorhergesagt hatte. Warum er
seine Prognose änderte, sagte er nicht.

Der Ausbruch der Krankheit hat in Festland-China mittlerweile mehr
Menschenleben gefordert als die Sars-Pandemie vor 17 Jahren. Die
Gesundheitskommission in Peking meldete am Montag den bisher
stärksten Anstieg der Infektionen und Todesfälle innerhalb eines
Tages. Die Zahl der Toten in China erhöhte sich auf 361, die Zahl der
bestätigten Infektionen in China kletterte sprunghaft um 2829 auf
17 205 Fälle. Die Gesundheitskommission sprach zudem von mehr als
20 000 Verdachtsfällen.

Bei der Sars-Pandemie (Schwere Akute Atemwegssyndrom) 2002/2003 hatte
es 349 Todesfälle in Festland-China gegeben. Hinzu kamen damals 299
Tote in Hongkong, weltweit waren es 774 Tote. Beim aktuellen
Corona-Ausbruch gibt es außerhalb von Festland-China bislang erst
einen bekannten Todesfall - auf den Philippinen.

Hongkong schloss weitere Grenzübergänge nach China. Wie
Regierungschefin Carrie Lam am Montag mitteilte, bleiben nur noch der
Shenzhen Bay-Übergang, die Brücke nach Zhuhai und Macao und eine
begrenzte Zahl von Flugverbindungen in die Volksrepublik offen. Dort
könnten eingehende Gesundheitskontrollen gemacht werden. Zuvor waren
bereits alle Fähr- und Zugverbindungen ausgesetzt worden.

Die internationalen Kreuzfahrt-Reedereien lassen künftig keine
Passagiere oder Besatzungsmitglieder mehr an Bord, die in den
vergangenen 14 Tagen auf dem chinesischen Festland unterwegs waren.
Das teilte der internationale Kreuzfahrt-Verband CLIA mit.

Weltweit sind rund 180 Erkrankungen durch das Virus in zwei Dutzend
anderen Ländern bestätigt. Nach dem Einreisestopp der USA für alle
Chinesen und andere Ausländer, die in China waren, zeigte sich
US-Präsident Donald Trump zuversichtlich. «Wir haben es so ziemlich
ausgeschaltet, dass es aus China kommt», sagte Trump am Sonntagabend
dem Fernsehsender Fox News. US-Bürger, die in der stark betroffenen
Region Wuhan oder der umliegenden Provinz Hubei waren, müssen für
zwei Wochen in Quarantäne. In den USA waren bis Montagmorgen acht
Fälle bestätigt.

China übte scharfe Kritik an der Reaktion der USA auf den Ausbruch
der Lungenkrankheit. Äußerungen von Trump, die USA hätten China
«enorme Hilfe» angeboten, wies eine Außenamtssprecherin am Montag in

Peking zurück. «Die US-Regierung hat uns keine bedeutende Hilfe zur
Verfügung gestellt.» Die USA seien aber die ersten gewesen, die ihr
Konsulat in Wuhan evakuiert hätten, die ersten, die einen teilweisen
Rückzug des Botschaftspersonal erwogen hätten, und die ersten, die
ein Einreiseverbot für Chinesen verhängt hätten, sagte die
Sprecherin. «Die USA wechseln von Selbstüberschätzung zu Angst und
Überreaktion.»

In Deutschland ist das Virus bei zehn Menschen nachgewiesen. Unter
ihnen sind zwei Deutsche, die am Samstag aus China ausgeflogen
wurden. Ihnen ging es nach Einschätzung der Ärzte vom Sonntag gut.
Die beiden waren mit 122 weiteren Deutschen und deren Angehörigen mit
einem Bundeswehrflugzeug aus Wuhan nach Frankfurt am Main gebracht
worden.

Auch immer mehr andere Länder holen ihre Staatsbürger heim. In
Frankreich traf am Sonntag ein zweiter Flieger mit 250 Rückkehrern
aus Wuhan ein. Bei etwa 20 Passagieren, die wegen Symptomen unter
Beobachtung standen, fielen Tests negativ aus. In Frankreich sind
bisher sechs Virus-Fälle bestätigt.

Acht der zehn Infizierten in Deutschland haben sich hierzulande mit
dem Erreger angesteckt. Ihre Fälle stehen in Zusammenhang mit der
Firma Webasto in Bayern, die chinesische Mitarbeiter zu Besuch hatte.
Angesteckt haben sich sieben Angestellte des Autozulieferers und das
Kind eines Infizierten. Ein weiterer infizierter Deutscher wurde auf
der Kanareninsel La Gomera registriert. Er soll Kontakt zu einem in
Deutschland infizierten Patienten gehabt haben.

China hat seinen Staatsbürgern von Reisen ins Ausland abgeraten und
bekämpft die Ausbreitung im Land mit radikalen Maßnahmen. In der
Krisenregion in Zentralchina wurden 45 Millionen Menschen in mehreren
Städten abgeschottet, indem die Verkehrsverbindungen gekappt wurden.
Auch andere Städte in der Volksrepublik haben Überlandverbindungen
mit Bussen ausgesetzt sowie Flüge und Züge reduziert.

In Wuhan wurde nach weniger als zwei Wochen Bauzeit das erste von
zwei Notkrankenhäusern eröffnet. Das «Huoshenshan» («Berg des
Vulkan-Gottes») genannte Hospital hat rund tausend Betten und wurde
am Montag eröffnet. Rund 1400 medizinische Kräfte des Militärs
betreiben das Behelfshospital, in dem Lungenkranke zentral in
Quarantäne kommen und behandelt werden.

Die Metropole Wenzhou - mehr als 800 Kilometer östlich von Wuhan -
hat praktisch eine Ausgangssperre für die neun Millionen Einwohner
verhängt. Jede Familie darf lediglich ein Mitglied auswählen, das
alle zwei Tage zum Einkaufen rausgehen kann.