Zahl der Virus-Toten steigt - China verschärft Maßnahmen deutlich

Fast 60 Tote, fast 2000 Infizierte: China hat seine Maßnahmen gegen
das neue Coronavirus deutlich verschärft. Einige Länder wollen ihre
Bürger aus der Region Wuhan holen.

Peking (dpa) - Angesichts der starken Ausbreitung der neuen
Lungenkrankheit hat China seine Maßnahmen am Wochenende deutlich
verschärft. Die Zahl der bestätigten Todesopfer stieg bis Sonntag auf
56, wie die Nationale Gesundheitsbehörde mitteilte. Demnach haben
sich fast 2000 Menschen mit dem Coronavirus angesteckt, das die
Krankheit auslöst. Weltweit kommen 38 Fälle hinzu - darunter mit drei
Patienten in Frankreich die ersten Erkrankungen in Europa. Einige
Länder bereiteten sich darauf vor, ihre Staatsbürger aus der Region
Wuhan auszufliegen. Experten rechnen damit, dass sich der Kampf gegen
das Virus noch lange hinziehen wird.

Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping berief am Samstag
in Peking ein Krisentreffen ein. Alle Ebenen von Partei und Regierung
müssten dem Kampf gegen das Coronavirus höchste Priorität einräumen
,
sagte er laut der Nachrichtenagentur Xinhua.

Die Hauptstadt von Hubei, die Millionenmetropole Wuhan, ist besonders
stark vom Coronavirus betroffen: Dort war der Erreger Ende Dezember
auf Menschen übergesprungen - vermutlich auf einem Tiermarkt.
Bürgermeister Zhou Xianwang sagte am Sonntag, die Zahl der
Infektionen in Wuhan könnte noch um Tausend steigen. Derzeit gebe es
noch 2700 Verdachts- und Fieberfälle, die getestet würden.

Die Krankenhäuser der Stadt waren am Wochenende offenbar völlig
überfordert. Nach offiziell unbestätigten Berichten wurden Patienten
zurückgewiesen, weil es nicht genug Personal und Betten gab. Medien
berichteten am Sonntag, 24 Krankenhäuser sollten zusätzliche Betten
bereitstellen. Wuhan hat bereits im Eiltempo den Bau von zwei neuen
Krankenhäusern begonnen, mit einer Kapazität von insgesamt 2300
Betten. Das erste Hospital soll in etwa einer Woche eröffnen.

Aus anderen Teilen Chinas wurden rund 1700 Ärzte und Pfleger nach
Wuhan entsandt. Dort wurden der öffentliche Nah- und Fernverkehr,
Zug- und Flugverbindungen gestoppt, Ausfallstraßen gesperrt. Auch der
normale Autoverkehr in den großen Stadtbezirken sollte aufhören.

Damit waren mehr als 40 Millionen Menschen in gut einem Dutzend
Städten im Herzen Chinas weitgehend von der Außenwelt abgeschottet.
Wie das Staatsfernsehen berichtete, verkündeten am Sonntag weitere
Regionen Einschränkungen des Busverkehrs, darunter die Provinz
Shandong im Osten und die zentralchinesische Metropole Xi'an. Am
Samstag hatte die Hauptstadt Peking ähnliche Beschränkungen verhängt.


In der Provinz Guangdong im Süden des Landes müssen die Bewohner an
öffentlichen Orten eine Gesichtsmaske tragen. Die Pflicht zum
Mundschutz gilt etwa in Einkaufszentren, Hotels, Restaurants.

Zudem ordnete die chinesische Gesundheitskommission an, Reisende aus
Wuhan sollten sich bei den Behörden melden und sich für zwei Wochen
zu Hause isolieren, um zu sehen, ob sie infiziert sind. Die
Inkubationszeit der Erkrankung kann bis zu zwei Wochen dauern.

Die drei in Frankreich infizierten Patienten sind offenbar nicht
schwer erkrankt. Dem Paar, das im Pariser Krankenhaus Bichat
behandelt werde, gehe es gut, erklärten Ärzte am Samstag. Einer von
ihnen habe noch etwas Fieber. Der 31-Jährige und seine 30 Jahre alte
Frau kamen nach einem Aufenthalt in Wuhan nach Frankreich zurück.

Auch dem dritten Patienten in Frankreich, der in einer Klinik in
Bordeaux behandelt wird, gehe es soweit gut, sagte der
Bürgermeister der Stadt, Nicolas Florian, am Samstag. Insgesamt 38
Infektionen wurden bislang aus den USA, Australien, Japan, Südkorea,
Thailand, Vietnam, Singapur, Nepal und Taiwan gemeldet.

Die französische Automobilgruppe PSA kündigte an, ihre Mitarbeiter
und deren Familien aus Wuhan zurückzuholen. Die Initiative werde in
Abstimmung mit den chinesischen Behörden und dem französischen
Generalkonsulat durchgeführt, zitierte die Nachrichtenagentur AFP aus
einer Mitteilung des Autobauers.

Aus Paris hieß es am Sonntag von der Regierung, man sei dabei, einen
direkten Flug von Wuhan nach Paris zu organisieren. Die Rückführung
französischer Bürger werde Mitte der Woche stattfinden. Derzeit sei
man dabei, die Bürger und Bürgerinnen zu identifizieren, die die
Metropole verlassen wollten. Die Zahl könne sich zwischen mehreren
Dutzend und mehreren Hundert Personen bewegen, erklärte die
Gesundheitsministerin. Das britische Außenministerium forderte Briten
auf, die Provinz Hubei zu verlassen. Auch Japan bereitete eine
Rückführung von Staatsbürgern aus Wuhan vor. Die USA wollten
Angehörige des Konsulats in Wuhan am Dienstag ausfliegen.

Papst Franziskus sagte am Sonntag in Rom, er bete für die Kranken und
die Angehörigen der Gestorbenen.

Das Coronavirus überträgt sich einer Studie zufolge relativ rasch
zwischen Menschen. Experten des Imperial College London berechneten,
dass ein Infizierter bis zum 18. Januar durchschnittlich 2,6 weitere
Personen angesteckt haben könnte. Chris Whitty, der die Regierung in
Gesundheitsfragen berät, ging von einem langen Kampf gegen das Virus
aus: «Wir sollten das als Marathon betrachten und nicht als Sprint.»