Pflegeberufe werden neu ausgerichtet - mehr Kompetenzen

Pflegebedürftige müssen auf Plätze warten, Pfleger sind überlastet
-
das scheint noch Alltag in Deutschland zu sein. Der Bund will nun den
Pflegefachleuten mehr Kompetenzen geben. Die Ärzte sollen etwas
abgeben.

Linstow (dpa/mv) - Das Bundesgesundheitsministerium will
Pflegefachkräften mehr Kompetenzen geben und die Ausbildung von
Pflegeassistenten bundesweit vereinheitlichen. Dafür sollen Ärzte
auch Tätigkeiten abgeben, wie der Pflegebevollmächtigte der
Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, am Dienstag in Linstow
(Landkreis Rostock) auf einer Pflegefachtagung erklärte. «Wir wollen
eine Neujustierung der Gesundheitsberufe», sagte Westerfellhaus vor
rund 500 Fachleuten bei der Qualitätskonferenz der Landesgruppe
Mecklenburg-Vorpommern des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer
Dienste (bpa). Nur mit solchen Maßnahmen sei die schwierige Situation
in der Pflege in Deutschland zu lösen. Ein entsprechendes Papier soll
noch im Januar vorgestellt werden.

In diese «Neujustierung» soll auch eine Studie der Universität
Greifswald über die «Substitution ärztlicher Tätigkeiten» einflie
ßen,
wie bpa-Landesgeschäftsführer Sven Wolfgram sagte. «Die Ärzte wolle
n
auch etwas abgeben», erklärte Wolfgram. Die Ergebnisse der Studie
sollen im ersten Quartal 2020 vorgestellt werden.

Westerfellhaus bekräftigte, dass die bisherige Aufgabenteilung in der
Pflege geändert werden müsse. Am engsten am Patienten seien die
Pflegefachkräfte und Wundmanager. In ihre Hände gehöre eine
Diagnostik und ein eigenes Budget, «meinetwegen auch mit
telematischer Unterstützung durch Ärzte», sagte Westerfellhaus.

Bei der derzeitigen Situation in der Pflege werde auch die Akquise
von Pflegern im Ausland nur bedingt helfen. «Wir werden es nicht über
Köpfe regeln können», meinte der Staatssekretär. Viele Länder - w
ie
China - hätten in Zukunft ähnliche demografische Entwicklungen wie
Deutschland.

Die in Mecklenburg-Vorpommern geplante Ausbildung von Pflegekräften
aus Vietnam befürwortete Westerfellhaus. Dort gebe es einen
Überschuss an ausgebildeten Fachleuten. In Rostock sollen ab Mai 23
vietnamesische Pfleger ausgebildet werden. Auch für ihre Integration
soll gesorgt werden. Die Ausbildung von Pflegeassistenten ist laut
Westerfellhaus noch in allen 16 Bundesländern unterschiedlich. Hier
sei mit den Länderministern verabredet, dass ein gemeinsamer
Rahmenplan entwickelt werden soll.

Westerfellhaus warnte außerdem vor «Hedge-Fonds», die große
Pflegeunternehmen aufkauften. Diese drängten aufgrund der niedrigen
Zinsen immer stärker in die Pflegebranche und versprächen ihren
Anlegern Erträge zwischen 12 und 15 Prozent. Das könne nur zu Lasten
der Pflege-Patienten und Pfleger gehen. «Wir wollen weiter
mittelständische Strukturen», sagte der Pflegebevollmächtigte.

Kritik übte der bpa-Landesvorsitzende Michael Händel an den
Krankenkassen. Diese interessierten sich bei Budgetverhandlungen
überhaupt nicht für Tarife. «Sie bekommen nicht, was sie brauchen, um

ihre Leute richtig zu bezahlen», erklärte Händel, der ein Heim in
Nordwestmecklenburg betreibt, dem Staatssekretär. Der
bpa-Landesverband vertritt nach eigenen Angaben rund 470 Anbieter,
die etwa die Hälfte aller Pflegebetriebe im Nordosten ausmachen.