Zahl der Patienten mit neuer Lungenkrankheit in China steigt rasant

An mehreren Orten in China sind jetzt Infektionen mit dem neuen
Sars-Virus bestätigt. Die Zahlen steigen sprunghaft. Drei Patienten
sind bisher gestorben. Anders als zunächst angenommen könnte eine
Übertragung von Mensch zu Mensch wohl doch möglich sein.

Peking (dpa) - Die Zahl der bestätigten Fälle der neuen
Lungenkrankheit in China ist sprunghaft auf rund 220 gestiegen. Ein
weiterer Patient starb. Damit sind drei Todesfälle bekannt, wie die
Gesundheitsbehörde der zentralchinesischen Metropole Wuhan am Montag
berichtete. Dort hatte der Ausbruch begonnen. Erstmals wurden
Infektionen mit dem Coronavirus an mehreren anderen Orten in China
nachgewiesen. Experten befürchten, dass der vermutlich von einem Tier
übergesprungene Erreger anders als anfangs angenommen auch von Mensch
zu Mensch übertragen werden kann.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping schaltete sich erstmals in
die Gesundheitskrise ein und gab Anweisung, die Ausbreitung der
Krankheit energisch einzudämmen. Die Sicherheit der Menschen und ihre
körperliche Gesundheit habe «absoluten Vorrang», zitierte ihn das
Staatsfernsehen. Außer in der Stadt Wuhan, wo es 198 bestätigte Fälle

gibt, wurde von 14 Patienten in der Südprovinz Guangdong sowie fünf
in Peking im Norden und einer in Shanghai berichtet. Zudem wurden
sechs Verdachtsfälle in mehreren anderen Städten gemeldet.

Analysen des Erbguts hatten dem Berliner Virusforscher Christian
Drosten zufolge ergeben, dass es sich bei dem Erreger um eine
Sars-Variante handelt. Ein Sars-Virus hatte von China ausgehend
2002/2003 eine weltweite Pandemie mit 8000 Infizierten zur Folge,
etwa 800 Menschen starben.

Nach von Landesbehörden gemeldeten Fällen in Thailand und Japan gilt
inzwischen auch in Südkorea eine Infektion als bestätigt. Eine
35-jährige Chinesin habe unter Fieber, Atemproblemen und anderen
Symptomen gelitten, teilten die Koreanischen Zentren für
Krankheitskontrolle und Prävention mit. Alle vier Patienten, die im
Ausland erkrankten, waren zuvor in Wuhan. Von den bisher erfassten
Patienten in der 11-Millionen-Metropole sind 35 schwer erkrankt,
davon sind neun in kritischem Zustand, wie die Gesundheitsbehörde
berichtete.

Mit dem plötzlichen Anstieg auf 220 haben sich die bisher bekannten
Fälle über Nacht weit mehr als verdreifacht. Experten des Imperial
College London gehen allerdings davon aus, dass die Krankheit schon
wesentlich weiter verbreitet ist. Nach ihrer Hochrechnung könnte es
bereits mehr als 1700 Infizierte geben.

Chinas Gesundheitskommission erklärte in Peking, der Übertragungsweg
sei «noch nicht völlig verstanden». Die anfänglichen Infektionen
wurden mit einem inzwischen geschlossenen Fischmarkt in Wuhan in
Verbindung gebracht, auf dem auch Wildtiere verkauft wurden.

Coronaviren verursachen oft harmlose Erkrankungen wie Erkältungen -
allerdings gehören auch Erreger gefährlicher Atemwegskrankheiten wie

Sars und Mers dazu. Bei der Sars-Pandemie 2002/2003 war der Ausbruch
anfangs vertuscht worden, was eine schnelle Reaktion verhindert und
die Verbreitung begünstigt hatte. Auch der damalige Sars-Erreger
sprang höchstwahrscheinlich von einem Wildtier auf den Menschen über,
angenommene Quelle sind Schleichkatzen.

Die chinesischen Behörden hätten bereits eine Hypothese, von welcher
Tierart der neue Erreger auf den Menschen übergesprungen sein könnte,
hatte Virusforscher Drosten kürzlich erklärt. «Das wird aber erst
offiziell verkündet, wenn es als gesichert gilt.» Sars steht für
«Severe Acute Respiratory Syndrome», also Schweres Akutes
Atemwegssyndrom.

Mit der gerade laufenden Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest am
kommenden Samstag wächst die Gefahr einer Übertragung infektiöser
Krankheiten. Bei der größten jährlichen Völkerwanderung sind einige

Hundert Millionen Chinesen unterwegs. Asiatische Nachbarn und drei
US-Flughäfen haben wegen der neuen Lungenkrankheit inzwischen
Fieberkontrollen bei der Einreise aus Wuhan eingeführt.

Die Weltgesundheitsorganisation sprach bisher keine Reisewarnung für
Touristen aus. Die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC riet
Reisenden nach Wuhan lediglich, Tiermärkte und den Kontakt mit Tieren
oder mit kranken Personen zu meiden. «Eine begrenzte Übertragung von
Mensch zu Mensch könnte vorkommen.»