Mysteriöse Lungenkrankheit in China: Sprunghafter Anstieg der Fälle

Die Zahl der bestätigten Patienten in China steigt drastisch auf 200.
Jetzt gibt es auch drei Tote. Erstmals wurden auch an anderen Orten
in China Erkrankungen bestätigt. Wie breitet sich das neue Virus aus?

Peking (dpa) - Nach dem Ausbruch der rätselhaften Lungenkrankheit in
China ist die Zahl der bestätigten Fälle sprunghaft auf rund 200
gestiegen. Ein weiterer Patient starb. Damit gibt es jetzt drei
Todesfälle, wie die Gesundheitsbehörde der zentralchinesischen Stadt
Wuhan am Montag berichtete. Erstmals wurden auch Infektionen mit dem
neuartigen Coronavirus an anderen Orten in China entdeckt.

Im Bezirk Daxing in Peking testeten zwei Patienten positiv auf das
neue Coronavirus, in Shenzhen in Südchina einer. Alle drei waren
vorher in Wuhan gewesen. Der Großteil der Infektionen konzentrierte
sich mit 198 Fällen weiter auf die 11-Millionen-Metropole. Von den
Patienten dort sind 35 schwer erkrankt, neun in einem kritischen
Zustand, wie die Gesundheitsbehörde berichtete.

Bis Sonntag waren erst rund 60 Fälle offiziell bestätigte worden.
Doch gehen Forscher am britischen Zentrum für die Analyse globaler
Infektionskrankheiten am Imperial College London davon aus, dass die
Ausbreitung der Krankheit sehr viel größer ist als bisher bekannt.
Nach ihrer Wahrscheinlichkeitsrechnung schätzen die Experten die Zahl
der Patienten auf mehr als 1700.

Auch warnen die Experten vor einer möglichen Übertragung des Virus
von Mensch zu Mensch. Chinas Gesundheitskommission mahnte in Peking
zur Vorsicht, weil der Ursprung des neuen Typs von Coronavirus noch
nicht gefunden sei. Auch sei nicht sicher, wie sich Menschen
ansteckten: «Die Übertragung wird noch nicht völlig verstanden.»
Trotzdem hielten Experten den Ausbruch für «kontrollierbar».

Es wird vermutet, dass das neuartige Virus aus der Tierwelt kommt.
Die anfänglichen Infektionen wurden mit einem inzwischen
geschlossenen Fischmarkt in Wuhan in Verbindung gebracht, auf dem
auch wilde Tiere verkauft wurden. Coronaviren verursachen oft
harmlose Erkrankungen wie Erkältungen - allerdings gehören
auch Erreger gefährlicher Atemwegskrankheiten wie Sars und Mers
dazu. 

Auch das Sars-Virus, dem der neue Erreger ähnlich ist, stammte
vermutlich aus der Tierwelt. Sars steht für «Severe Acute Respiratory
Syndrome», also Schweres Akutes Atemwegssyndrom. Bei der
Sars-Pandemie waren 2002/2003 von China ausgehend weltweit rund 8000
Menschen an der Lungenseuche erkrankt. Knapp 800 starben. Damals war
der Ausbruch anfangs vertuscht worden, was eine schnelle Reaktion
verhindert und die Verbreitung zunächst begünstigt hatte.

Vor gut einer Woche hatten Experten die Gensequenz des neuen Virus
entschlüsselt, was die Tests bei Patienten mit Lungenentzündungen
unbekannter Ursache erleichtert. Auch im Ausland gibt es bereits
Fälle. In Thailand sind zwei Infektionen und in Japan ein Fall bei
Reisenden aus Wuhan bestätigt worden. Die drei Patienten hatten aber
nicht den Tiermarkt besucht, wo der Ursprung vermutet wird. Das ließ
Experten vor einer Übertragung von Mensch zu Mensch warnen.

Die Weltgesundheitsorganisation hat bisher keine Reisewarnung für
Touristen ausgesprochen. Die US-Gesundheitsbehörde (CDC) riet aber
Reisenden nach Wuhan, Tiermärkte und den Kontakt mit Tieren oder mit
kranken Personen zu meiden. «Eine begrenzte Übertragung von Mensch zu
Mensch könnte vorkommen», hieß es in der Mitteilung.

Asiatische Nachbarn haben vorsorglich Fieberkontrollen bei
Einreisenden aus China eingeführt. Auch die US-Flughäfen in New York,
San Francisco und Los Angeles machen Gesundheitskontrollen bei
Reisenden aus Wuhan. Die Gefahr der Übertragung infektiöser
Krankheiten wächst noch mit der laufenden Reisewelle zum chinesischen
Neujahrsfest am kommenden Samstag. In der größten jährlichen
Völkerwanderung sind einige Hundert Millionen Chinesen unterwegs.