Hamburger Experten bedauern Organspende-Beschluss - «Chance vertan»

Hamburger Mediziner und die Gesundheitsbehörde hätten sich in Sachen
Organspende eine andere Entscheidung aus Berlin gewünscht. Dann soll
wenigstens das Umfeld besser werden, fordern Ärzte.

Hamburg (dpa/lno) - Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia
Prüfer-Storcks (SPD) und der Präsident der Hamburger Ärztekammer
Pedram Emami haben sich enttäuscht über die Entscheidung des
Bundestags zu den neuen Organspenden-Regeln gezeigt. Die Abgeordneten
«haben damit die Chance vertan, einen wichtigen Baustein zur Erhöhung
der Spenderzahlen auf europäisches Niveau gesetzlich zu zementieren»,
erklärte Kammerpräsident Pedram Emami am Donnerstag. Seiner Meinung
nach ist das Selbstbestimmungsrecht des Menschen durch die letztlich
gescheiterte Widerspruchslösung nicht in Gefahr. «Ein einfaches
«Nein» ohne Begründung hätte ausgereicht, um zu widersprechen.»

Mit der doppelten Widerspruchslösung hätte die große Lücke zwischen

potenziell möglichen und tatsächlich realisierten Organspenden
verringert werden können, erklärte Prüfer-Storcks. Emami forderte die

Politik auf, bundesweit die Abläufe in den Entnahmekliniken zu
verbessern, mehr Geld zur Verfügung zu stellen, Personal besser zu
schulen sowie Transplantationsbeauftragte besser zu bezahlen und für
die Arbeit von ihrer regulären Medizinertätigkeit freizustellen. «Die

Spenderzahlen der kommenden Jahre werden Beleg dafür sein, wie gut
die Umsetzung tatsächlich auch ohne Widerspruchslösung gelingt.»

In der Hansestadt seien die Transplantationsbeauftragten bereits
verbindlich freigestellt, betonte die Gesundheitssenatorin. Sie sieht
allerdings auch in Hamburg noch Nachholbedarf. So werde nicht in
allen Kliniken mit dem gleichen Engagement versucht, mögliche
Organspenden auch zu realisieren. «Nach strenger medizinischer
Prüfung wären 2018 in 411 Fällen sicher Organspenden möglich gewese
n,
aber nur 55 wurden realisiert.» Diese Quote von 13 Prozent liege noch
deutlich unter dem Anteil von 35 Prozent Organspendeausweisen in
Deutschland. «Wir werden mit jedem Krankenhaus besprechen, ob und wie
die Situation verbessert werden kann.»

Der Bundestag hatte am Donnerstag einen Entwurf einer
Abgeordnetengruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock beschlossen,
der dafür etwa regelmäßige Hinweise auf das Thema beim Ausweisabholen

vorsieht. In der entscheidenden dritten Lesung votierten 432
Abgeordnete dafür, 200 Parlamentarier stimmten dagegen, 37 enthielten
sich. Damit bleiben Organspenden in Deutschland auch nur mit
ausdrücklich erklärter Zustimmung erlaubt.