«Nummer Sechs»: Unbekannter spritzt Schülerin Substanz in den Körpe r Von Helge Toben, dpa

Eine unbekannte Substanz hat ein Mann einer 13-Jährigen in den Körper
gespritzt. Am helllichten Tag. Auf einem großen Parkplatz. Bevor er
floh, sagte er noch «Nummer Sechs». Gab es schon früher Opfer? Sind
noch weitere zu befürchten? Die Polizei nimmt den Fall sehr ernst.

Gelsenkirchen (dpa) - Verstörende Attacke auf eine 13-Jährige in
Gelsenkirchen am helllichten Tag: Ein Mann mit weißen Handschuhen
bedroht die Jugendliche erst mit einem Messer, dann spritzt er eine
unbekannte Substanz in ihren Körper. In akzentfreiem Deutsch sagt er
noch «Nummer Sechs», dann flieht er. Die schwer verletzte Schülerin
klingelt bei Anwohnern und bittet um Hilfe. Ein Mann fährt sie
kurzerhand in ein Krankenhaus in der Nähe. Dort wird sie jetzt
behandelt.

Was sich wie der Auftakt zu einem merkwürdigen Krimi liest, soll sich
am Donnerstagvormittag im Stadtteil Ückendorf unweit der Innenstadt
tatsächlich abgespielt haben. Die Polizei hat bislang keinen Zweifel
daran, dass die Schilderungen der Jugendlichen stimmen. Schon am
Donnerstag hatten Beamte mit ihr sprechen können. «Es geht ihr den
Umständen entsprechend gut», sagt Polizeisprecher Christopher
Grauwinkel am Freitag bei einer eilig anberaumten Pressekonferenz.

Die Sorge der Polizei: Weil der Unbekannte «Nummer Sechs» sagte,
befürchten die Ermittler, dass es schon weitere Opfer gibt oder
künftig geben könnte. Hinweise darauf gibt es bislang aber nicht.
Auch in benachbarten Städten habe es keine Meldungen über ähnliche
Fälle gegeben, sagt Grauwinkel. Die Ermittler haben keine Hinweise,
dass es sich um eine gezielte Attacke auf diese 13-Jährige
handelte. Sie gehen vielmehr davon aus, dass die Jugendliche ein
Zufallsopfer war.

Die Ermittler wissen noch nicht, welchen Stoff der Unbekannte dem
Mädchen injiziert hat. Das Opfer habe bereits kurz nach der Attacke
Ausfallerscheinungen gehabt, sagt Grauwinkel. Welcher Art diese waren
und ob sie noch anhalten, wird am Freitag nicht bekannt. «Die
Behandlung wird sich auch noch über einen längeren Zeitraum
erstrecken», betont der Sprecher. Die Suche nach dem injizierten
Stoff sei für Ärzte und Gerichtsmediziner sehr aufwendig, weil es
keine Spur gebe, wonach genau gesucht werde müsse.

Die Schülerin war am Donnerstagvormittag gegen 09.00 Uhr auf dem Weg
zu einer Schulveranstaltung. Auf einer von vielen Mehrfamilienhäusern
gesäumten Straße wurde sie von dem Unbekannten angesprochen und mit
einem Taschenmesser bedroht. Er forderte sie auf, ihm zu folgen. Auf
einem wenige hundert Meter entfernten, großen Parkplatz soll er dann
die Spritze hervorgeholt und die Substanz injiziert haben. Die
Spritze wurde bislang nicht gefunden.

Am Tag danach hat sich die Tat in der Umgebung des Tatorts längst
rumgesprochen. Ein 24-Jähriger auf dem Weg zur Arbeit findet das
Ganze «ekelhaft». Zum Glück habe er noch keine Kinder, sagt er. Die
könne man ja nicht mehr rauslassen. Eine 62-Jährige geht gerade zu
ihrem Wagen. Auch sie hat von dem Fall gehört: «Man geht mit einem
mulmigen Gefühl auf diesen Parkplatz.» Eine 51-Jährige ist froh, dass

sie am Donnerstag erst später mit ihren Hunden vor die Tür gegangen
war - sonst wäre sie dem Täter womöglich noch begegnet.

Die Polizei nimmt den Fall sehr ernst. Man habe eine «personell sehr
starke Ermittlungskommission» eingerichtet, sagt Grauwinkel.
Es seien auch schon Hinweise eingegangen, denen jetzt nachgegangen
werde. Im Umfeld des Tatortes und der Schule, die die Jugendliche
besucht, gebe es eine «gewisse Verunsicherung». Mit der Schule habe
man daher Kontakt aufgenommen. Grauwinkel betonte: «Wir haben
keinerlei Hinweise darauf, dass es zu weiteren Opfern kommen wird.
Wir können es aber auch nicht ausschließen.» Bei verdächtigen
Beobachtungen solle man umgehend die Polizei verständigen.