Viele Bundesbürger unterschätzen Diabetes-Risiko

Ungesundes Essen, Bewegungsmangel, Rauchen und Übergewicht können die
Zuckerkrankheit begünstigen. Zu wenigen Menschen seien diese
Zusammenhänge klar, sagen Fachleute.

Berlin (dpa) - In Deutschland erkranken jedes Jahr mehr als 500 000
Erwachsene neu an Diabetes. Das geht aus einem Bericht des Robert
Koch-Instituts (RKI) zum Weltdiabetestag am 14. November hervor. Rund
sieben Millionen Bundesbürger leben demnach bereits mit der
Stoffwechselkrankheit. Hochrechnungen sagen einen weiteren Anstieg
voraus. «Die Gefahr, an Diabetes zu erkranken, wird viel zu häufig
unterschätzt», sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

In einer bundesweiten Umfrage des RKI und der Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung schätzten fast achtzig Prozent der rund
2500 befragten Erwachsenen, die laut Tests eine erhöhte
Wahrscheinlichkeit für eine Typ-2-Diabeteserkrankung hatten, ihr
Risiko selbst als gering ein. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft
forderte, Patienten über 50 Jahre bei einer stationären Aufnahme im
Krankenhaus routinemäßig auf Diabetes zu testen.

Diabetes mellitus ist der Sammelbegriff für vielfältige Störungen des

menschlichen Stoffwechsels. Hauptmerkmal ist ein chronisch erhöhter
Blutzuckerspiegel. Die Ursachen liegen in der Regel bei Störungen in
der Produktion des Stoffwechselhormons Insulin in der
Bauchspeicheldrüse.

Am häufigsten ist Diabetes vom Typ 2, der durch erbliche Faktoren
sowie durch Übergewicht, Rauchen, ungesunde Ernährung und
Bewegungsmangel begünstigt werden kann. Bei solchen Risikofaktoren
zeigen sich laut RKI deutliche soziale Unterschiede: Bei Menschen aus
unteren Bildungsschichten lägen sie häufiger vor.

Den Zusammenhang mit sozialen Parametern bestätigt eine Untersuchung
des Wissenschaftlichen Instituts der Krankenkasse AOK (Wido). Danach
gibt es in Regionen mit einem Mangel an materiellen und sozialen
Ressourcen mit rund 11,3 Prozent überdurchschnittlich viele
Typ-2-Diabetiker. In Regionen, die im Deutschlandvergleich die beste
materielle und soziale Ausgangssituation haben, sind es lediglich
sieben Prozent, teilte das Institut am Mittwoch mit.

Neben einem Stadt-Land-Gefälle hat das Wido auch deutliche
Unterschiede zwischen den Bundesländern festgestellt. In Hamburg und
Schleswig-Holstein liegen die Diabetes-Erkrankungsraten danach mit
6,4 und 7,3 Prozent am niedrigsten. Die östlichen Bundesländer
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen weisen dagegen hohe Raten von
mehr als 11,5 Prozent auf.

Insgesamt ist laut RKI-Bericht inzwischen fast jeder zehnte
Bundesbürger zwischen 18 und 79 Jahren von Diabetes betroffen: Bei
gut 7 Prozent der Menschen in Deutschland ist die Krankheit nach den
aktuellsten verfügbaren Daten von 2010 diagnostiziert, bei weiteren
etwa 2 Prozent gilt sie als unerkannt. Für einen Teil der Betroffenen
ist Diabetes nach RKI-Angaben mit schwerwiegenden Komplikationen wie
Herzinfarkt, Schlaganfall, Amputationen, Erblindung oder
Nierenversagen verbunden. Ein Diabetes kann bis zu zwölf gesunde
Lebensjahre nehmen, wie es im Bericht heißt.

Laut der jüngsten Studie ist in Deutschland ein leichter Rückgang von
Risikofaktoren wie Rauchen und Bewegungsmangel festzustellen. Es gebe
auch weniger Folgeerkrankungen wie Erblindungen und Amputationen.
Schwangerschaftsdiabetes komme dagegen häufiger vor als früher.

Erhöhte Blutzuckerwerte schädigen langfristig Blutgefäße, Nerven un
d
zahlreiche Organe. Um das eigene Krankheitsrisiko besser einschätzen
zu können, haben das Deutsche Institut für Ernährungsforschung und
das Deutschen Zentrum für Diabetesforschung einen Online-Test
entwickelt (www.diabinfo.de). Anhand eines Fragenkatalogs kann jeder
Interessierte sein eigenes Risiko bestimmen.