Halbbruder tot: Beschuldigte verbrachte Nacht vor Festnahme im Freien

Mit gerade mal 15 Jahren soll sie ihren dreijährigen Halbbruder
getötet haben. Darüber sind sich die Ermittler einig. Was genau
geschah und warum, das müssen nun eine genaue Spurenauswertung und
weitere Ermittlungen zeigen.

Detmold (dpa/lnw) - Nach der tödlichen Messerattacke auf ihren
dreijährigen Halbbruder rekonstruieren die Ermittler den Tathergang
und die anschließende Flucht der tatverdächtigen 15-Jährigen. Dazu
befrage man weitere Zeugen, prüfe die Angaben der Beschuldigten und
werte Spuren aus, sagte der Sprecher der Detmolder
Staatsanwaltschaft, Christopher Imig, am Montag.

«Wir gehen davon aus, dass sie die Nacht im Freien verbracht hat»,
sagte Imig weiter. Die Strecke soll sie auch auf unbefestigten Wegen
zu Fuß zurückgelegt haben. Zu weiteren Details - etwa zur Frage, wo
sie hinwollte - mache man aus ermittlungstaktischen Gründen keine
Angaben. Außerdem wiege der Persönlichkeitsschutz einer 15-Jährigen
besonders hoch. Sie sitzt wegen Mordes in Untersuchungshaft.

Der Fall hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Mit 28 Messerstichen
soll die 15-Jährige ihren schlafenden Halbbruder in der heimischen
Wohnung in Detmold getötet haben. Am Mittwoch gegen 21 Uhr hatten
Angehörige die Leiche des Jungen gefunden und die Polizei alarmiert.
Der Teenager war am Folgetag im etwa neun Kilometer entfernten Lemgo
festgenommen worden.

Nach Angaben der Ermittler hält sich die 15-Jährige auch selbst für
die Täterin, beruft sich aber zugleich auf Erinnerungslücken. Ersten
Erkenntnissen zufolge hatte das Mädchen eine tiefe Abneigung gegen
den Halbbruder entwickelt. In den nächsten Tage werde ein
psychiatrischer Gutachter beauftragt, der prüfen soll, ob das Mädchen
schuldfähig sei, kündigte Imig an.

Auf eine möglichst schnelle Begutachtung seiner Mandantin durch einen
Psychiater drängt auch der Verteidiger des Mädchens, Helmut Wöhler -

auch um herauszufinden, ob sie anders untergebracht werden müsse als
in einem herkömmlichen Jugendgefängnis. Er habe nach der Tat intensiv
und allein mit ihr gesprochen und beschrieb sie als «zurückhaltend
und schüchtern». Sie habe häufig auf den Halbbruder aufpassen müsse
n,
weil ihre Mutter arbeiten war. «Das fand sie nicht toll. Aber dass
allein daraus schon ein Mordmotiv wird, bezweifele ich», sagte Wöhler
der Deutschen Presse-Agentur. Es gelte die psychiatrische
Untersuchung abzuwarten.