Bundesrat debattiert Klimaschutz und beschließt Grundsteuer-Reform

Die Länderkammer hat einen neuen Präsidenten. In seiner Antrittsrede
forderte Brandenburgs Regierungschef mehr Menschlichkeit und weniger
Schimpfen. Dann ging es zur Sache - auch mit einem Grundsteuer-
Beschluss, der viele Fragen offen lässt.

Berlin (dpa) - Eine emotionale Debatte und eine Entscheidung, die
Millionen Hausbesitzer und Mieter betrifft: Bei der ersten Sitzung
unter dem neuen Präsidenten, Brandenburgs Regierungschef Dietmar
Woidke (SPD), hat der Bundesrat viele Vorhaben aus dem Bundestag
diskutiert. Mehrere Gesetze für mehr Klimaschutz drehten am Freitag
ihre erste Runde in der Länderkammer. Es wurde deutlich, dass die
Länder noch viel Bedarf für Veränderungen sehen. Beschlossen wurde
die Reform der Grundsteuer. Eine Übersicht über die großen Themen:

GRUNDSTEUER: Ab 2025 wird die Grundsteuer nach einem neuen System
berechnet. Jetzt können die Bundesländer entscheiden, ob sie dafür
die vom Bund vorgeschlagene Methode nutzen oder eine eigene
entwickeln. Ob Hausbesitzer und Mieter mehr zahlen müssen, ist weiter
offen. Das letzte Wort über die Grundsteuer behalten die Kommunen,
die mit ihren Hebesätzen großen Einfluss auf die Höhe haben.

KLIMASCHUTZ: Die Länder wollen das Klimapaket der Bundesregierung an
vielen Stellen verändern. Das könnte am engen Zeitplan von Union und
SPD rütteln. Vor allem die Grünen lehnen etwa den vorgeschlagenen
CO2-Preis als zu niedrig ab - Baden-Württembergs Ministerpräsident
Winfried Kretschmann wurde deshalb fast emotional. Die meisten
Bausteine des Klimapakets kann der Bundesrat allerdings nur
ausbremsen, nicht verhindern. Zustimmungspflichtig sind die Absenkung
der Mehrwertsteuer auf Bahntickets, die Erhöhung der Pendlerpauschale
und die Förderung für eine klimafreundliche Sanierung von
Wohnhäusern. Es ist davon auszugehen, dass Bund und Länder im
Vermittlungsausschuss Kompromisse suchen müssen.

DIGITALE KRANKMELDUNG: Die Krankmeldung auf Papier wird durch eine
digitale Bescheinigung für den Arbeitgeber ersetzt. Das ist Teil
eines Gesetzespakets für weniger Bürokratie. Auch bei
Hotelübernachtungen müssen Gäste künftig keine Meldescheine mehr au
f
Papier ausfüllen.

PAKETBOTEN: Rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft sollen Paketboten
besser vor Ausbeutung geschützt werden. Der Bundesrat billigte ein
Gesetz, mit dem sichergestellt werden soll, dass Sozialbeiträge
korrekt gezahlt werden. Die Versandunternehmen sollen dafür haften,
wenn Subunternehmer diese Beiträge nicht abführen. Das soll dazu
führen, dass Paketboten sozial abgesichert werden, wenn dies noch
nicht der Fall ist.

WOHNGELD: Ab Januar 2020 steigt das Wohngeld für Haushalte mit
geringem Einkommen. Bedürftige Zwei-Personen-Haushalte, die derzeit
im Schnitt 145 Euro Wohngeld im Monat bekommen, sollen künftig 190
Euro erhalten, also etwa 30 Prozent mehr. Zudem soll der Satz alle
zwei Jahre an die Entwicklung von Mieten und Einkommen angepasst
werden. Außerdem soll der Zuschuss mehr Menschen erreichen: Künftig
sollen 660 000 Haushalte profitieren, darunter 180 000 Haushalte, die
derzeit kein Wohngeld erhalten.

PFLEGE: Pflegekräfte sollen künftig besser bezahlt werden -
vorzugsweise über eine Tarifvereinbarung zwischen Arbeitgebern und
Arbeitnehmern. So ein Tarifvertrag soll von der Bundesregierung dann
für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Als zweiter Weg
könnten höhere Pflegemindestlöhne festgelegt werden - nicht nur für

Hilfskräfte wie bisher, sondern auch für Fachkräfte.

SED-OPFER: Opfer politischer Willkür in der DDR sollen einfacher
Entschädigungen bekommen. Unter anderem wurden Antragsfristen aus den
Rehabilitationsgesetzen gestrichen - so können Betroffene auch über
2019 hinaus Anträge stellen. Außerdem sollen sie ihre Ansprüche
leichter durchsetzen können, zum Beispiel wenn sie als kleines Kind
im DDR-Heim landeten und bis heute nicht genau nachweisen können
warum.

NAHVERKEHR: Die Länder fordern mehr Geld vom Bund für regionalen
Nahverkehr mit Bahnen und Bussen. Die geplante Erhöhung bis zum Jahr
2031 reiche nicht aus, das Angebot so attraktiv zu machen, dass mehr
Bürger auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umsteigen. Nach den
Plänen der Bundesregierung sollen die Länder von 2020 bis 2023
insgesamt 1,2 Milliarden Euro extra aus Berlin bekommen, um Bus- und
Zuglinien zu bestellen.

HEBAMMEN: Wer Hebamme oder Entbindungshelfer werden will, muss dafür
künftig ein duales Studium absolvieren. Das dauert zwischen sechs und
acht Semester und wird mit einer staatlichen Prüfung abgeschlossen.
Während des Studiums werden die angehenden Hebammen bezahlt. Die
Praxisteile absolvieren sie in einem Krankenhaus oder bei einer
freiberuflichen Hebamme. Bisher werden Hebammen an speziellen Schulen
ausgebildet, das soll übergangsweise noch bis 2022 möglich sein.

JURA-STUDIUM: Die Regelstudienzeit für Juristen wird auf fünf Jahre
erhöht. Damit dauert das Jurastudium offiziell genauso lange wie
vergleichbare Masterstudiengänge. Jurastudenten bekommen dann auch
länger Bafög als bisher. Derzeit beträgt die Regelstudienzeit für
Rechtswissenschaften neun Semester. Tatsächlich studieren angehende
Juristen inklusive Prüfung aber durchschnittlich 11,3 Semester.

ANTISEMITISCHE STRAFTATEN: Nach dem Anschlag von Halle setzen sich
mehrere Bundesländer dafür ein, dass antisemitische Straftaten
gezielter und härter geahndet werden. Bayerns Justizminister Georg
Eisenreich (CSU) schlug vor, dass antisemitische Motive künftig bei
allen Straftaten strafverschärfend wirken sollten. Der Antrag wird
nun in den Ausschüssen des Bundesrats beraten.