Neue Analyse zu E-Zigaretten: Dampfen könnte das Herz schädigen

«Das ist das Risiko einfach nicht wert.» Zu diesem Ergebnis kommen
Forscher bei einer neuen Analyse zu E-Zigaretten. Wer davor nicht
geraucht habe, solle mit dem Dampfen besser gar nicht erst anfangen.
Vor allem Jugendlichen sei das wohl nicht ausreichend klar.

Columbus (dpa) - Seit Monaten verunsichern Nachrichten aus den USA
über Erkrankungen und Todesfälle im Zusammenhang mit E-Zigaretten
auch Nutzer hierzulande. Nun dürfte eine neue Studie für weitere
Beunruhigung sorgen. Forscher warnen im Fachjournal «Cardiovascular
Research» vor potenziellen Risiken des Dampfens für die
Herzgesundheit. Demnach enthalten die für das Dampfen benutzten
Liquids Feinstaub, Metalle und Aromen, die kardiovaskuläre Probleme
verursachen könnten.

Für ihre Studie analysierten Mediziner die Daten mehrerer Kurz- und
Langzeituntersuchungen zu den Folgen der E-Zigaretten-Nutzung auf das
Herz-Kreislauf-System. «Viele Menschen glauben, dass diese Produkte
sicher sind, aber es gibt mehr und mehr Gründe, sich über ihre
Auswirkungen auf die Herzgesundheit Sorgen zu machen», fasst Loren
Wold vom Ohio State University College of Medicine die Ergebnisse
zusammen. «E-Zigaretten enthalten Nikotin, Feinstaub, Metalle und
Aromastoffe und nicht nur harmlosen Wasserdampf.»

Dass über die Luft eingeatmeter Feinstaub in den Blutkreislauf
eintritt und schließlich direkt auf das Herz wirkt, ist bereits
bekannt. Auch wenn die bisher vorliegenden Daten noch nicht
ausreichend seien, legten sie nahe, dass das Gleiche für E-Zigaretten
gelte, sagte Wold.

Nikotin erhöhe etwa den Blutdruck und die Herzfrequenz, während
Feinstaub zu Arterienverhärtungen, Entzündungen und oxidativem Stress
führe. «Wir wissen von diesen Problemen aus Untersuchungen zu den
kurzfristigen Auswirkungen des Vapings - die Forschung ist allerdings
inkonsistent und die Folgen chronischer E-Zigaretten-Nutzung noch ein
absolutes Rätsel», so Wold. «Die potenziellen Schäden für das Her
z
sind im Grunde noch nicht untersucht.»

Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge ist die Zahl der
Dampfer in den USA von 7 Millionen in 2011 auf 41 Millionen in 2018
angestiegen; 2021 könnte sie bei 55 Millionen liegen. In Deutschland
greifen laut Verband des eZigarettenhandels rund 3,5 Millionen
Menschen regelmäßig zur E-Zigarette. Ursprünglich galten diese als
Instrument zur Rauchentwöhnung oder als harmlosere Variante des
klassischen Glimmstängels. In einer E-Zigarette werden üblicherweise
aromatisierte Flüssigkeiten elektrisch verdampft. Diese
Flüssigkeiten, auch Liquids genannt, befinden sich in einer Kartusche
neben einem Akku und einem elektrischen Heizelement. So entsteht kein
Rauch, sondern ein Aerosol, das eingeatmet wird.

Wold zufolge belegt die neue Analyse, dass größere und längerfristige

Studien zur Wirkung erforderlich sind. Vor allem aber solle sie
E-Zigaretten-Nutzern zu denken geben und diejenigen davon abhalten,
die vorher noch gar nicht rauchten. «Es ist ein zu großes Risiko,
anzunehmen, dass man nicht abhängig wird und es keine negativen
Konsequenzen gibt», sagte er. «Das ist das Risiko einfach nicht
wert.»

Zudem unterstreiche die Studie die Notwendigkeit einer Regulierung
von E-Zigaretten: Unternehmen sollten ihren Kunden genau mitteilen
müssen, was diese einatmen, fordern die Wissenschaftler. Transparenz
sei insbesondere deswegen wichtig, da sich die Produkte ständig
änderten, so Wold. «Viele Unternehmen veröffentlichen die
Inhaltsstoffe ihrer Liquids nicht und behaupten, diese seien
urheberrechtlich geschützt.»

Es sei nicht davon auszugehen, dass Inhaltsstoffe wie Propylenglykol,
Glycerin und Aromen beim Einatmen die gleichen Wirkungen wie bei
oraler Einnahme haben, sagte der Mediziner. Ko-Autor Nicholas
Buchanan ergänzte: «Beispielsweise müssen die jüngsten Berichte ü
ber
Krankheiten und Todesfälle im Zusammenhang mit dem Dampfen noch auf
einen einzigen Stoff oder ein einziges Produkt eingegrenzt werden.»
Die Verwendung von THC-haltigen Produkten scheine zwar in Verbindung
mit diesen Fällen zu stehen, allerdings habe die
US-Gesundheitsbehörde CDC schon berichtet, dass die Erkrankungen
nicht nur auf diese beschränkt zu sein scheinen.

Die Forscher betonen, dass traditionelles Zigarettenrauchen der
vermeidbarste Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und
entsprechende Todesfälle sei. Aufgrund der im Vergleich zum Vaping
wahrgenommenen Sicherheit hätten viele Raucher auf E-Zigaretten oder
eine Kombination aus beidem umgestellt. Allerdings gebe es auch viele
Neueinsteiger.

«Am besorgniserregendsten ist die Zahl der Kinder und Jugendlichen,
die sich das angewöhnt haben - und möglicherweise nie mit dem Rauchen
herkömmlicher Zigaretten angefangen hätten», so Buchanan. «Wir wiss
en
nicht, welche gesundheitlichen Auswirkungen dies auf sie hat.»
Tatsächlich warnt die US-Behörde FDA mittlerweile vor einer Epidemie
des Dampfens vor allem unter Jugendlichen: So sei die Zahl der
Konsumenten in der Mittel- und Oberstufe innerhalb eines Jahres um
1,5 Millionen angestiegen, an den High Schools konsumiere jeder
fünfte US-Schüler E-Zigaretten.

Wie eine Umfrage im Auftrag des Deutschen Krebsforschungszentrums
(DKFZ) ergab, probieren auch hierzulande immer mehr Jugendliche
E-Zigaretten. Zwischen 2014 und 2018 habe sich der Anteil der 16- bis
29-Jährigen, die jemals an einem Verdampfer gezogen hätten, von 11
auf 20 Prozent fast verdoppelt.

Wie die Autoren der aktuellen Studie hervorheben, konzentriere sich
der Großteil der aktuellen Forschung aber auf Erwachsene und hier vor
allem auf jene, die in der Vergangenheit klassische Zigaretten
rauchten. Eine Abschätzung der Folgen für junge Menschen sei
entsprechend schwer.

Unbekannt seien zudem noch die möglichen Auswirkungen von
E-Zigaretten auf Föten, wenn eine Schwangere dampfe, so Mediziner
Wold. Auch die Konsequenzen des passiven Einatmens seien unklar.
Erwachsene begriffen allmählich, dass die gesundheitlichen
Auswirkungen des Dampfens noch nicht vollständig bekannt und die
Risiken möglicherweise hoch seien. «Ich fürchte, bei Jugendlichen ist

das noch nicht so.»