Kassenärzte wollen Arztbesuche einschränken

Was tun gegen volle Wartezimmer? Deutschlands oberster Kassenarzt
schlägt deutliche Einschränkungen für Patienten vor - und bekommt
deutliche Kritik.

Berlin (dpa) - Die Kassenärzte in Deutschland machen sich für eine
Einschränkung von Arztbesuchen stark. Dabei brachten sie
Strafzahlungen für Patienten ins Spiel, die ihrer Ansicht nach
übermäßig häufig bei Fachärzten vorstellig werden. Von den
Krankenkassen ernteten sie energischen Widerspruch.

«Es kann dauerhaft kaum jedem Patienten sanktionsfrei gestattet
bleiben, jeden Arzt jeder Fachrichtung beliebig oft aufzusuchen, und
oft noch zwei oder drei Ärzte derselben Fachrichtung», sagte der
Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV),
Andreas Gassen, der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag). «Derzeit

wird das nicht kontrolliert. Die Gesundheitskarte funktioniert wie
eine Flatrate, und es gibt Patienten, die das gnadenlos ausnutzen.»

Der Sprecher des Spitzenverbands der gesetzlichen
Krankenversicherung, Florian Lanz, entgegnete: «Sollen hier durch die
Hintertür Strafzahlungen für kranke Menschen vorbereitet werden, die
sich hilfesuchend an die vermeintlich falsche Stelle wenden?» Dies
sei «keine gute Idee», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Gassen schlug Wahltarife für alle Kassenpatienten vor, um eine
Steuerung zu erreichen. «Wer sich verpflichtet, sich auf einen
koordinierenden Arzt zu beschränken, sollte von einem günstigeren
Kassentarif profitieren», sagte er. «Wer jederzeit zu jedem Arzt
gehen möchte, müsste mehr bezahlen.» Dafür sei es höchste Zeit, u
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er sei sicher, es würde sehr gut angenommen.

Zugleich beklagte Gassen eine Überlastung der Rettungsstellen von
Kliniken vor allem an Wochenenden, wofür auch viele Patienten
verantwortlich seien. «Dann haben sie Zeit. Und sie meinen, im
Krankenhaus gibt es das Rundum-sorglos-Paket», sagte er - und fügte
hinzu: «Erst zu Ikea, dann in die Notfallambulanz. Die
Anspruchshaltung ist mitunter irrsinnig.» Das führe dazu, dass das
Personal in den Rettungsstellen keine Zeit für die wirklichen
Notfälle habe.

Auch damit rief Gassen Kritik hervor. «Wir müssen die
Notfallversorgung patientengerecht umbauen», sagte
Kassenverbandssprecher Lanz. «Patientenbeschimpfung ist mit
Sicherheit keine Lösung für aktuelle Herausforderungen». Das
Gesundheitswesen müsse sich nach den Bedürfnissen der Patienten
richten und nicht umgekehrt.