Merkel: Koalition ist handlungsfähig

In der Koalition ist die Stimmung nicht die beste, doch aus Sicht der
Kanzlerin sind die Differenzen nicht bedrohlich. Es gibt noch viel zu
tun, sagt die Regierungschefin und kündigt einen «arbeitsreichen
Herbst» an.

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die
Handlungsfähigkeit der großen Koalition trotz erheblicher Differenzen
zwischen Union und SPD betont. Die vergangenen Wochen hätten gezeigt,
dass das Regierungsbündnis handlungsfähig sei, obwohl große
Meinungsverschiedenheiten überbrückt werden mussten, sagte Merkel am
Freitag bei ihrer Sommerpressekonferenz in Berlin. «Es liegen noch
viele Aufgaben vor uns. Deshalb wird der Herbst auch sehr
arbeitsreich sein», sagte Merkel.

Schon für den Frühherbst kündigte sie einen Gesetzentwurf zum Abbau
des Solidaritätszuschlags an. Die Koalition hatte vereinbart, diesen
soweit abzuschaffen, dass 90 Prozent der Bürger ihn nicht mehr zahlen
müssen. Mit den Ländern werde man im Herbst außerdem über das Thema

gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland diskutieren. Merkel
erwähnte außerdem das Streitthema Grundrente und stellte weitere
Maßnahmen beim Thema Wohnraum in Aussicht.

Nach den Beratungen des Klimakabinetts am Donnerstagabend kündigte
Merkel für den 20. September eine Entscheidung über ein
Maßnahmenpaket an. Die Kanzlerin hält einen CO2-Preis für den
effizientesten Weg, damit Deutschland Klimaziele 2030 erreichen kann.
Im Gegenzug müsse aber die soziale Ausgewogenheit beachtet werden. Es
gehe darum, wie die Klimaziele volkswirtschaftlich am effizientesten
erreichbar seien und wie die Gesellschaft mitgenommen werden könnte.
«Wir müssen die Menschen mitnehmen», betonte Merkel.

Das Klimakabinett verhandelt derzeit über ein umfassendes Paket, um
den Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland schneller zu senken. Es
geht dabei um Förderprogramme, neue Vorgaben und einen CO2-Preis, der
den Ausstoß von CO2 im Verkehr und beim Heizen verteuern soll.
Grundsätzlich liegen zwei Modelle auf dem Tisch: Eine Verteuerung von
Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas über einen Steueraufschlag oder
über einen Handel mit Zertifikaten. Als denkbar gilt auch eine
Mischung der beiden Modelle.

«Wir müssen die Menschen mitnehmen», sagte Merkel. Es gehe um eine
«sehr umfassende Veränderung» der Vorgehensweise Deutschlands beim
Klimaschutz, das müsse «nach allen Seiten abgeklopft werden». Es sei

falsch, dass CO2-Bepreisung und Innovationen oft gegeneinander
gestellt würden. «Das Gegenteil ist der Fall», sagte die Kanzlerin:
Ein Preis für den CO2-Ausstoß reize Innovationen an.

In ihrem Eingangsstatement ging Merkel zunächst auf die Wahl von
Ursula von der Leyen zur EU-Kommissionspräsidentin ein. Die Wahl sei
eine gute Nachricht für Europa. Die EU habe keine Zeit zu verlieren
und müsse handlungsfähig bleiben. Auch verteidigte Merkel gegen
Kritiker, dass CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer den Posten der
Verteidigungsministerin übernommen hat. Kramp-Karrenbauer sei eine
erfahrene Politikerin und bringe als Parteichefin auch politisches
Gewicht mit ein. Die Kanzlerin lobte ferner die Arbeit von
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der ebenfalls für die Nachfolge
von der Leyens im Verteidigungsministerium gehandelt worden war. «Er
schafft 'ne Menge weg», betonte Merkel.