Blutdruck-Messungen: Beide Werte können Krankheitsrisiko anzeigen

Was ist wichtiger - der «obere» oder der «untere» Blutdruck-Messwer
t?
Darüber waren sich lange Zeit auch Experten uneins. Eine aktuelle
Datenanalyse trägt nun zur Klärung der Frage bei.

Oakland (dpa) - Beide Blutdruck-Messwerte können ein erhöhtes Risiko
für Krankheiten wie Herzinfarkt oder Schlaganfall anzeigen. Eine
US-amerikanische Studie zeigt, dass nicht nur ein erhöhter Wert des
oberen, systolischen Blutdrucks auf ein erhöhtes Krankheitsrisiko
hinweist. Auch der untere, diastolische Wert sei ein guter Indikator
und sollte nicht vernachlässigt werden, berichtet das Forscherteam im
Fachmagazin «New England Journal of Medicine».

Bislang waren sich Experten uneins, ob sich beide Blutdruckwerte
gleich gut eignen, um eine erhöhtes Gesundheitsrisiko abzuschätzen.
Der systolische Wert zeigt, mit welchem Druck Blut vom Herz in den
Körper gepresst wird. Der diastolische Wert misst den Blutdruck,
während das Herz sich wieder mit Blut auffüllt, also zwischen zwei
Herzschlägen.

In Deutschland werden zur Diagnose von Bluthochdruck immer beide
Werte einbezogen. Ulrich Kintscher, Direktor des Instituts für
Pharmakologie am Universitätsklinikum Charité in Berlin sieht dies
mit der Studie bestätigt: «Hier wird mit einer sehr großen Datenmenge

die Bedeutung des diastolischen Werts bestätigt. Im Alter, das zeigt
die Studie auch, ist der systolische Wert entscheidender, aber
grundsätzlich sollten beide beachtet werden.»

Die US-Forscher hatten für die aktuelle Studie Patientendaten des
privaten Krankenversicherers Kaiser Permanente Northern California
verwendet. Für den Zeitraum zwischen 2007 und 2016 erhielten sie so
über 36 Millionen Blutdruckmessungen von etwa 1,3 Millionen Menschen.
Über die Patienten sind außerdem weitere Daten bekannt, wie das Alter
oder Vorerkrankungen.

In der Studie bestätigte sich, dass ein erhöhter Blutdruck das Risiko
für bestimmte Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. In Europa gelten
Werte über 140/90 als erhöht. In den Vereinigten Staaten wurde die
Grenze vor Kurzem gesenkt und liegt jetzt bei 130/80. Die Studie
orientierte sich an beiden Grenzwerten. Die Analyse zeigte, dass auch
der untere Wert ein guter Indikator für das Risiko eines Herzinfarkts
oder Schlaganfalls ist.

«Es hat lange Kontroversen darüber gegeben, was zu
Herz-Kreislauf-Erkrankungen beiträgt, der systolische oder der
diastolische Blutdruck, oder beide», so Co-Autor Deepak Bhatt in
einer Pressemitteilung von Kaiser Permanente. «Diese Analyse von
langjährigen, umfangreichen Daten zeigt überzeugend, dass beide
wichtig sind. Und sie zeigt auch, dass für ansonsten gesunde Menschen
niedrige Blutdruckwerte grundsätzlich besser sind.»

Der deutsche Experte Kintscher ist der Ansicht, dass alle Erwachsenen
Ihren Blutdruck kennen sollten. In Abhängigkeit der Höhe sollte dann
in regelmäßigen Abständen gemessen werden. «Wenn Bluthochdruck
diagnostiziert wird, liegt jetzt vermehrt der Blick auf der
Selbstmessung der Patienten, hierbei sollten die Patienten zweimal
täglich messen», so der Experte.

Neben Medikamenten gäbe es gute Möglichkeiten, auf den Blutdruck
Einfluß zu nehmen, so Kintscher. Dazu gehören demnach regelmäßige
körperliche Betätigung und eine gesunde, salzarme Ernährung: «Es
hilft schon mit dem Hund spazieren zu gehen und auf Fertigprodukte zu
verzichten.»