Verteidigungsministerin von der Leyen tritt am Mittwoch zurück

An diesem Dienstag will sich die deutsche Verteidigungsministerin zur
Präsidentin der EU-Kommission wählen lassen. Kurz vorher setzt sie
alles auf eine Karte - und verkündet ihren Rücktritt für Mittwoch.

Berlin (dpa) - Ursula von der Leyen hat einen Tag vor der
Entscheidung über ihre Zukunft an der Spitze der EU-Kommission ihren
Rücktritt als Verteidigungsministerin angekündigt. Am Mittwoch werde
sie ihr Amt zur Verfügung stellen, erklärte die CDU-Politikerin am
Montag in einem Schreiben an die Angehörigen der Bundeswehr, das der
Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. «Die Bundeskanzlerin ist
über diesen Schritt informiert und wird die notwendigen Schritte für
einen verantwortungsvollen Übergang im Sinne der Bundeswehr und der
Sicherheit Deutschlands einleiten», heißt es darin.

Merkel wertete den Schritt als starkes Signal von der Leyens,
tatsächlich EU-Kommissionspräsidentin werden zu wollen. «Sie für si
ch
hat entschieden, dass sie das mit voller Verve auch tun will. Das
freut mich. So kenne ich sie auch. Und dann werden wir alles Weitere
sehen», sagte die Kanzlerin bei einem Termin im sächsischen Görlitz.


Niedersachsens CDU-Chef Bernd Althusmann meldete bereits Ansprüche
seines Landesverbandes für das Kabinett an. «Die CDU Niedersachsen
als drittgrößter Landesverband muss in der Bundesregierung angemessen
vertreten sein. Wir haben gute Frauen und Männer in Berlin, die aus
dem Stand heraus ein Ministerium führen können. Die Entscheidung
liegt bei der Kanzlerin», sagte Althusmann der «Rheinischen Post»
(Dienstag). Von der Leyen kommt aus Niedersachsen.

Althusmann rechnet mit einer schnellen Entscheidung: «Die Frage der
Nachfolge wird in den darauffolgenden Tagen geklärt.» Er zeigte sich
überzeugt, dass von der Leyen an diesem Dienstag gewählt wird. «Sie
ist strategisch klug, erfahren und bringt alles mit, was man in
politisch schwierigen Zeiten braucht.»

Von der Leyen zeigte sich in ihrem Tagesbefehl dankbar, «dass ich
mehr als fünfeinhalb Jahre Verantwortung für die Bundeswehr tragen
durfte». Die CDU-Politikerin zog eine positive Bilanz: «Nach mehr als
zwei Jahrzehnten des Schrumpfens und Reduzierens geht es für die
Bundeswehr wieder aufwärts.»

Wer nun die Leitung des Verteidigungsministeriums übernimmt, war
zunächst unklar. In Berlin sind unter anderem Gesundheitsminister
Jens Spahn, die Verteidigungsexperten Johann Wadephul und Henning
Otte (alle CDU) sowie Ex-CDU-Generalsekretär und
Verteidigungsstaatssekretär Peter Tauber im Gespräch.

Offen scheint auch, ob nur das Verteidigungsministerium neu besetzt
wird oder ob ein größere Karussell in Gang kommt. Allerdings hatte
CSU-Chef Markus Söder eine Kabinettsumbildung mit Beteiligung der
CSU-geführten Ministerien abgelehnt.

Mit von der Leyen könnte erstmals seit mehr als 60 Jahren wieder
jemand aus Deutschland das mächtige Brüsseler Amt erobern, das in
etwa einem Regierungschef entspricht. Allerdings ist ungewiss, ob von
der Leyen bei der Abstimmung in Straßburg die nötige Mehrheit im
Europaparlament bekommt.

Zu ihren schärfsten Kritikern gehören die deutschen Sozialdemokraten.
Die SPD ist aufgebracht, weil von der Leyens Nominierung dem Wunsch
des Parlaments widerspricht, nur einen der Spitzenkandidaten für die
Europawahl zum Kommissionschef zu machen. Dagegen warnen Politiker
aus der Union vor einer Handlungsunfähigkeit der EU für den Fall
eines Scheiterns der Kandidatin.

Im Falle ihrer Niederlage auch durch Nein-Stimmen deutscher
SPD-Abgeordneter sieht Althusmann die große Koalition in Berlin in
Gefahr. Diese käme in «schwieriges Fahrwasser», sagte er. «Ohnehin

ist die Lage dieser Koalition fragil. Welches Kandidaten-Pärchen für
den SPD-Vorsitz soll denn beim SPD-Parteitag im Dezember mit dem
Slogan 'Zurück in die Groko' zur neuen Doppelspitze gewählt werden,
wenn sich die Sozialdemokraten schon derart unsolidarisch verhalten
wie in der jetzigen historischen Situation, dass eine deutsche
Politikerin EU-Kommissionspräsidentin werden könnte?»