Videospiel im Altenheim: 100-Jähriger fährt virtuell Motorrad Von Ulrike Hofsähs, dpa

Videospiele können sogar therapeutisch wirken. In 20 Pflegeheimen in
NRW soll das ausprobiert werden. Bewohner eines Düsseldorfer Heims
haben die Spiele getestet und gerne mitgemacht. Etwa beim Tanzen im
Sitzen.

Düsseldorf (dpa/lnw) - «Wunderbar», findet Herbert Spiller das neue
Spiel. Der 100-Jährige sitzt in einem Rollstuhl in einem Pflegeheim
im Düsseldorfer Norden. Vor ihm braust ein Motorradfahrer über eine
große Leinwand. Wenn der alte Herr sich aus seinem Rollstuhl zur
Seite neigt, lenkt er damit geschickt das Motorrad über die Straße.
«Das ist nicht so Larifari,» sagt er am Donnerstag erkennbar erfreut.
Beim nächsten Spiel wird im Sitzen zu schmissiger Musik getanzt.
Herbert Spiller wirft seine Arme im Takt so hoch es geht.

Videospiele im Pflegeheim sind sicher eine Seltenheit. Doch die
Barmer Ersatzkasse sieht in solchen Angeboten eine große Chance: «Die
körperliche und geistige Fitness von älteren Menschen lässt sich
mithilfe von Videospielen verbessern,» erklärte die Krankenkasse. Das
hätten erste Ergebnisse einer Pilotstudie in Hamburg mit der Konsole
Memorebox gezeigt, die Videospiele speziell für ältere Menschen
bietet. 20 dieser Computer will die Krankenkasse für Pflegeheime in
NRW anschaffen. Bundesweit soll das Angebot in 100 Einrichtungen
erprobt werden.

Unter anderem würden Erinnerungsvermögen, Ausdauer und Koordination
der Senioren gestärkt, erklärte der Landesgeschäftsführer der Barme
r,
Heiner Beckmann. Die Angebote brächten Lebensfreude in den
Heimalltag. Sechs Videospiele gibt es derzeit. Nur mit
Körperbewegungen steuern die Spieler die auf eine große Leinwand
übertragene Anwendung. Etwa beim Kegeln: Eine 82-Jährige, die nur
beschwerlich gehen kann, macht die ausholende Bewegung im Sitzen. Auf
der Leinwand rollt die Kugel die Bahn herunter und wirft einmal sogar
alle Kegel um.

Auf dem Markt ist die spezielle Konsole noch nicht, aber in der
Endphase der Entwicklung. Bei der Erprobung in den Pflegeheimen gehe
es auch darum, welche Übungen besonders wirksam seien, versichert der
Chef der Barmer. Wissenschaftler der Charité und der
Humboldt-Universität in Berlin werten die Daten aus.

Die Spielekonsole sei eine Möglichkeit, mehr Lebensfreude zu
schenken, meint der Abteilungsleiter des Düsseldorfer Seniorenheims,
Klaus Patzelt. Die Spiele seien unterhaltsam, die Neugierde werde
geweckt und vielleicht auch die Pflege erleichtert: Etwa, dass jemand
wieder so beweglich wird, dass er die Jacke wieder selbst anziehen
könne.