Russischer Forscher will genmanipulierte Babys schaffen

Es ist ein gutes halbes Jahr her, dass ein chinesischer Forscher die
Geburt genmanipulierter Babys bekannt gab. Die Empörung war damals
groß. Nun kündigt ein weiterer Wissenschaftler den Tabubruch an.

Moskau (dpa) - Der russische Forscher Denis Rebrikow will
gentechnisch veränderte Babys erzeugen. Einem Bericht des
Fachmagazins «Nature» zufolge möchte er HIV-infizierten Frauen
Embryonen einsetzen, die er zuvor per Gentechnik vor einer Ansteckung
mit dem Aids-Erreger geschützt haben will. Er wäre nach dem
chinesischen Wissenschaftler He Jiankui der zweite Mensch, der solch
ethisch hochumstrittenen Experimente bekannt gibt. Rebrikow möchte
die Versuche bestenfalls noch in diesem Jahr beginnen, will
allerdings - anders als sein chinesischer Kollege - eine Genehmigung
der Behörden abwarten.

He Jiankui hatte im November vergangenen Jahres die Geburt von zwei
genveränderten Babys bekannt gegeben, deren Erbgut er zuvor
manipuliert habe. Auch er nannte den Schutz vor einer HIV-Ansteckung
als Motivation für seine Versuche. International lösten diese
Experimente große Empörung aus. In Deutschland, den USA und vielen
anderen Ländern sind derartige Manipulationen an menschlichem Erbgut
verboten, weil die Risiken bisher kaum abschätzbar sind und
Veränderungen an nachfolgende Generationen weitergegeben werden.

Rebrikow, der am Nationalen Medizinischen Forschungszentrum für
Geburtshilfe, Gynäkologie und Perinatalmedizin «Kulakov» in Moskau
arbeitet, will wie sein Vorgänger He Jiankui das Gen namens CCR5
funktionsunfähig machen. Das von dem Gen gebildete Protein wird von
den HI-Viren in den allermeisten Fällen als Eintrittspforte für eine
Infektion der Zellen genutzt. Rebrikow möchte laut «Nature» die
Behandlung Frauen anbieten, die auf eine HIV-Standard-Therapie nicht
ansprechen und so ein höheres Risiko haben, die Infektion an ihre
Kinder weiterzugeben.

Rebrikow behauptet, seine etwas abgewandelte Technik biete größere
Vorteile, berge weniger Risiken als die von He Jiankui eingesetzte.
Sie sei ethisch vertretbarer und für die Öffentlichkeit akzeptabler.
Die Russische Akademie der Wissenschaften habe hingegen ethische
Bedenken, wie mehrere russische Medien meldeten. Rebrikow habe nach
eigenen Angaben bereits mit einem HIV-Zentrum in Moskau eine
Vereinbarung getroffen, um dort mit HIV-infizierte Frauen in Kontakt
zu kommen, heißt es in dem «Nature»-Bericht.

«Die Technologie ist noch nicht so weit», sagte Jennifer Doudna,
einer der Mitentwicklerin der Genschere Crispr/Cas 9, die beide
Forscher für ihre Manipulationen benutzt haben, beziehungsweise
nutzen wollen. «Es ist nicht überraschend, aber es ist sehr
enttäuschend und beunruhigend.»