Kabinett berät Mindestlohn für Azubis und Unterstützung für SED-Opf er

Bei vielen großen Themen liegen Union und SPD weit auseinander. Doch
die Regierung bringt auch Projekte auf den Weg. Zehntausende Bürger
sollen etwas davon haben.

Berlin (dpa) - Das Bundeskabinett will an diesem Mittwoch zwei Themen
besprechen, von denen Jugendliche besonders profitieren sollen: einen
Mindestlohn für Auszubildende und den Moped-Führerschein für
15-Jährige. Strittig dürfte vor allem die Vergütung der Lehrlinge
sein, denn für kleine Betriebe besonders in Ostdeutschland würde es
wohl teurer. Die Handelskammern befürchten, dass sie deshalb weniger
ausbilden könnte. Die Themen auf der Tagesordnung im Detail:

MINDESTLOHN FÜR AZUBIS: Auszubildende sollen künftig in allen
Branchen mindestens 515 Euro pro Monat verdienen. Bildungsministerin
Anja Karliczek (CDU) will erstmals in Deutschland eine gesetzliche
Untergrenze für die Vergütung von Azubis festschreiben - analog zum
gesetzlichen Mindestlohn. Bis 2023 soll der Azubi-Mindestlohn auf 620
Euro pro Monat steigen. In der Wirtschaft stößt der Vorstoß
allerdings auf Kritik: Besonders in Ostdeutschland, wo die Löhne für
Azubis oft deutlich niedriger sind als im Westen, würden kleine
Betriebe stark belastet.

MOPED MIT 15: Jugendliche sollen künftig schon mit 15 Jahren mit dem

Moped fahren dürfen - allerdings nur, wenn ihr Bundesland das so
festlegt. Der Bund will den Ländern ermöglichen, das Mindestalter von
derzeit 16 Jahren dauerhaft auf 15 zu senken. Das kommt vor allem in
ländlichen Regionen gut an. Mopeds sind leichte Kleinkrafträder, die
maximal 45 Kilometer pro Stunde schnell sind. Um sie fahren zu
dürfen, braucht man einen Führerschein der Klasse AM.

SED-OPFER: Ehemalige Heimkinder und andere Opfer politischer Willkür
in der DDR sollen mehr Unterstützung bekommen. Vor allem sollen sie
ihre Ansprüche auf Entschädigungen einfacher durchsetzen können. Nach

den Plänen von Justizministerin Katarina Barley (SPD) können Gerichte
künftig etwa leichter feststellen, dass jemand als Kind politisch
verfolgt wurde - auch wenn derjenige schon als Säugling oder
Kleinkind im DDR-Heim landete und den Grund dafür bis heute nicht
genau kennt. Außerdem sollen die Antragsfristen in den
Rehabilitierungsgesetzen gestrichen werden.

HEBAMMEN AN DER HOCHSCHULE: Die Ausbildung von Hebammen soll umgebaut
werden - zu einem Studium mit hohem Praxis-Anteil. Die Pläne von
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sollen dazu beitragen,
gestiegenen Anforderungen und der hohen Verantwortung des Berufes
besser gerecht zu werden. Bisher dauert die Ausbildung drei Jahre.
Sie umfasst theoretischen und praktischen Unterricht in
Hebammenschulen und an Krankenhäusern.

AUTO-ERSATZTEILE: Sichtbare Auto-Ersatzteile wie Kotflügel und
Motorhauben sollen billiger werden. Dafür will die Bundesregierung
den Ersatzteilmarkt für freie Hersteller öffnen. Bisher dürfen
Zulieferer solche Bauteile nicht nachbauen. Künftig sollen
Verbraucher bei Reparaturen wählen können, ob sie das
Original-Ersatzteil wollen oder ein oft günstigeres von einem
unabhängigen Hersteller.

REFORM DES STRAFVERFAHRENS: Gerichtsverfahren sollen zügiger
durchgezogen werden. Unter anderem sollen sich dafür Nebenkläger mit
gleichen Interessen vor Gericht künftig zusammen vertreten lassen.
Außerdem soll es weniger Möglichkeiten geben, Hauptverhandlungen
durch in aller Regel unbegründete Befangenheitsanträge zu stören oder

sie durch immer neue Beweisanträge zu verzögern. Mit der geplanten
Reform der Strafprozessordnung soll die Polizei außerdem mehr
Befugnisse im Kampf gegen Einbrecher bekommen. Mit richterlichem
Beschluss dürfte sie dann Telefongespräche und E-Mails einzelner
Serieneinbrecher auszuspähen.