Kritik an Finanzierungsideen zur Grundrente aus Sozialkassen

Mehr Geld für bedürftige Rentner - darüber würden sich viele
Ruheständler sicher freuen. Doch wie die geplante Grundrente
finanzieren? Zwei SPD-Minister sorgen mit ihren Überlegungen für
Wirbel.

Berlin (dpa) - Zur Finanzierung der geplanten Grundrente wollen
Finanzminister Olaf Scholz und Arbeitsminister Hubertus Heil (beide
SPD) nach einem Bericht der «Bild»-Zeitung (Samstag) auf die
Renten-Rücklage zurückgreifen. In dem Topf liegen derzeit rund
38 Milliarden Euro.

Von der Grundrente sollen laut Heil drei bis vier Millionen Menschen
profitieren. Ihre Minirenten sollen nach 35 Beitragsjahren
aufgewertet werden. Anfang des Jahres hatte Heil noch als Ziel
genannt, die Grundrente aus Steuermitteln zu finanzieren. Der
Minister wollte im Mai einen Gesetzentwurf dazu vorlegen. Das Konzept
ist in der Koalition umstritten: Die SPD pocht auf eine Lösung ohne
Prüfung der Bedürftigkeit - die Union beharrt darauf.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion,
Katja Mast, erklärte: «Gegner der Grundrente versuchen mit
Falschmeldungen und Behauptungen, diese wichtige Sozialreform zu
stoppen. Das wird ihnen aber nicht gelingen.» Die beiden beteiligten
Ministerien wollten sich zu der Berichterstattung am Samstag unter
Verweis auf die laufenden Gespräche zwischen beiden Häusern nicht
äußern.

Bereits am Donnerstag war bekannt geworden, dass Scholz und Heil die
Grundrente voraussichtlich nicht nur aus Steuermitteln finanzieren
wollen, sondern auf bestehende Beitragsmittel aus Kranken- und
Arbeitslosenversicherung zurückgreifen. Die Steuereinnahmen sprudeln
inzwischen weniger stark als ursprünglich vorhergesagt. Bund, Länder
und Kommunen müssen bis 2023 mit 124,3 Milliarden Euro weniger
auskommen als noch im November erwartet.

Die Union lehnt die Überlegungen zur Finanzierung aus Sozialkassen
ebenso ab wie Vertreter der Opposition. Gesundheitsminister Jens
Spahn (CDU) nannte das Vorhaben gegenüber «Bild» «ungerecht und
unsolidarisch». CDU-Sozialexperte Hermann Gröhe sagte der Zeitung:
«Mit anderer Leute Geld eine Runde zu schmeißen, war noch nie
seriös!» Eine Grundrente «nach dem Prinzip «Gießkanne» ist ein

milliardenschwerer Verstoß gegen den Koalitionsvertrag».

Der rentenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Johannes
Vogel, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Jetzt auf
unverantwortliche Weise in jede greifbare Sozialkasse greifen zu
wollen, ist das Bild eines einzigen Chaos.» Dies zeige die Nervosität
der SPD.

Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» zitierte den Rentenpolitiker
Markus Kurth von den Grünen mit den Worten: «Das Einzige, was bei der

SPD billig ist, ist die Qualität ihrer windigen Finanzierungstricks.»