Experte des Robert-Koch-Instituts skeptisch zu Masern-Impfpflicht

Berlin (dpa) - Trotz der weltweit gestiegenen Masern-Ausbrüche
spricht sich ein Experte des Robert-Koch-Instituts gegen eine
Impflicht aus. «Bevor man mit so einem Instrument wie der Impfpflicht
ankommt, muss man genau abwägen, was man damit erreichen kann. Ich
persönlich bin nicht ganz so überzeugt, dass wir damit ganz so viel
anstellen können», sagte Ole Wichmann, Chef der Impfprävention beim
Robert-Koch-Institut, am Dienstag dem Sender Bayern 2. Bei Masern
gebe es altersspezifischen Impflücken, vor allem bei Jugendlichen,
jungen Erwachsenen und älteren Menschen.

Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut und dem
Bundesgesundheitsministerium unterstellt. Minister Jens Spahn (CDU)
hatte sich Ende März für verpflichtende Masern-Impfungen für Kinder
in Kitas und Schulen ausgesprochen.

Wichmann sagte, bei Kleinkindern gebe es eine hohe Impfquote durch
die verpflichtenden U-Untersuchungen. Bevor eine Impfpflicht
eingeführt werde, sollten eher andere Dinge optimiert werden, wie ein
verstärktes Werben von Krankenkassen und Ärzten für Untersuchungen
von Jugendlichen («J-Untersuchungen»). Außerdem gebe es auch andere
Krankheiten, bei denen eine höhere Impfquote wünschenswert wäre, wie

zur Vorbeugung von Gebärmutterhalskrebs.

Die Zahl der von Januar bis März gemeldeten Masernfälle liegt nach
Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) viermal so hoch wie
im gleichen Zeitraum des Vorjahres. 170 Länder meldeten demnach
zusammen rund 112 000 Erkrankungen, verglichen mit 28 000 im
vergangenen Jahr. Die tatsächliche Zahl liege noch deutlich höher,
warnte die WHO, weil vermutlich nur jeder zehnte Fall gemeldet wird.