Fit im Alter: Welcher Sport das Leben verlängert Von Alice Lanzke, dpa

Für viele Senioren zählt das Training im Fitnessstudio inzwischen zum
Alltag. An den Geräten drehe es sich bisher oft um die gestemmten
Gewichte und Wiederholungen, geben Mediziner zu bedenken. Mindestens
ebenso wichtig sei aber ein weiterer Faktor: die Geschwindigkeit.

Lissabon/Rio de Janeiro/Stockholm (dpa) - Wer auch im Alter gesund
und fit bleiben will, sollte regelmäßigen Sport in seinen Alltag
integrieren. Ob man dabei auf Ausdauer- oder eher Krafttraining
setzen sollte, ist wissenschaftlich umstritten. Während viele Studien
in Richtung Joggingschuhe weisen, plädiert eine brasilianische
Untersuchung, deren Ergebnisse beim Kongress «EuroPrevent 2019» der
Europäischen Kardiologengesellschaft in Lissabon vorgestellt wurden,
nun für den Griff zu den Hanteln. Dabei reiche es allerdings nicht,
Gewichte zu stemmen, so das Ergebnis der Sportmediziner von der
Klinik Clinimex in Rio de Janeiro. Entscheidend sei, mit welcher
Geschwindigkeit die Übungen ausgeführt würden.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Unterschied zwischen
Maximalkraft und Schnellkraft: Erstere beschreibt die höchste Kraft,
welche die Muskeln und das Nervensystem gegen einen Widerstand
aufbringen können. Die Maximalkraft kommt etwa dann zum Einsatz, wenn
man ein liegengebliebenes Auto schieben muss. Die Schnellkraft ist
diejenige, mit der man den eigenen Körper oder auch Gegenstände
innerhalb von kurzer Zeit mit maximaler Kraft beschleunigt, zum
Beispiel beim schnellen Treppensteigen.

«In fortgeschrittenem Alter von einem Stuhl aufzustehen oder einen
Ball zu treten, erfordert vor allem Schnellkraft», erklärt
Sportmediziner und Studienleiter Claudio Gil Araújo. «Dennoch
konzentrieren sich die meisten Kraftübungen auf die Maximalkraft.»
Entsprechend seien viele Menschen im Fitnessstudio auf die Schwere
der Gewichte und die Anzahl der Wiederholungen fokussiert, anstatt
auch auf die Geschwindigkeit der Ausführung zu achten.

Für ihre Untersuchung testeten die brasilianischen Forscher die
Schnellkraft von 3878 Nicht-Sportlern im Alter zwischen 41 und 85
Jahren (Durchschnittsalter 59 Jahre) und teilten die Probanden
entsprechend der Ergebnisse in vier Gruppen ein. Für die Ermittlung
der Schnellkraft wählten die Wissenschaftler die Übung «Aufrechtes
Rudern», bei der stehend ein Gewicht mit ausgestreckten Armen
Richtung Kinn gezogen wird. Diese Bewegung ähnele der beim Hochheben
von Einkäufen oder einem Enkelkind.

Sechseinhalb Jahre nach dem Versuch waren 247 der Männer (zehn
Prozent) und 75 Frauen (6 Prozent) verstorben. Dabei war das
Sterberisiko in den Gruppen mit niedriger Schnellkraft besonders
hoch. Oder andersherum: «Unsere Studie zeigt zum ersten Mal, dass
Menschen mit einer hohen Schnellkraft eher länger leben», so das
Fazit von Sportmediziner Araújo. Für den Effekt genügten bereits
Werte leicht über dem Durchschnitt. Er rät Ärzten, die Schnellkraft
ihrer Patienten zu messen und mehr Krafttraining zu empfehlen.

Doch was, wenn man mit dem Stemmen von Gewichten absolut nichts
anfangen kann? Auch für diesen Fall hatte der «EuroPrevent»-Kongress

gute Nachrichten: So ergab eine schwedische Studie, dass jede Art von
Bewegung das Leben verlängern kann.

«Viele Menschen glauben, dass sie ins Fitnessstudio gehen und hart
trainieren müssen, um fitter zu werden», sagt Medizinerin Elin
Ekblom-Bak von der Swedish School of Sport and Health Sciences. Bei
den meisten Menschen hätte aber schon ein aktiverer Alltag mit
Treppensteigen oder Radfahren positive Effekte auf die Gesundheit,
wie die Studie zur kardiorespiratorischen Fitness unter Leitung von
Ekblom-Bak zeigt. Die kardiorespiratorische Fitness beschreibt, wie
gut Atmung und Blutkreislauf den Körper mit Sauerstoff versorgen.

Das Team um Ekblom-Bak hatte Gesundheitsdaten von mehr als 316 000
schwedischen Erwachsenen aus den Jahren 1995 bis 2015 ausgewertet.
«Besonders wichtig ist, dass sich die Steigerung der Fitness
unabhängig vom Ausgangspunkt positiv auswirkte», so Ekblom-Bak. «Dies

legt nahe, dass Menschen mit niedrigerer kardiorespiratorischer
Fitness am meisten von der Verbesserung ihrer Fitness profitieren
können.»

Die Medizinerin plädiert dafür, die Messung zum Teil von
Gesundheitschecks werden zu lassen. Mangelnde Fitness stelle einen
ebensolchen Risikofaktor dar wie Rauchen, Übergewicht und Diabetes,
werde bisher aber nicht im gleichen Maße erfasst.