Volksbegehren Pflegenotstand geht in nächste Phase

In Bayerns Krankenhäusern fehlen rund 12 000 Pfleger. Das darf nicht
sein, finden die Initiatoren des Volksbegehrens gegen den
Pflegenotstand. Doch nicht alle sind überzeugt von der Initiative.

München (dpa/lby) - Das Volksbegehren «Stoppt den Pflegenotstand an
Bayerns Krankenhäusern» hat eine wichtige Hürde genommen. Die
Initiatoren reichten am Freitag ihre Liste mit mehr als 100 000
Unterschriften beim Innenministerium ein. Nötig gewesen wären 25 000

Unterstützer. Die enorme Resonanz zeige, dass das Thema «den Menschen
in Bayern wirklich unter den Nägeln brennt», sagte Harald Weinberg
(Die Linke) von den Organisatoren in München.

Das Ministerium hat nun sechs Wochen Zeit, die gesetzlichen
Voraussetzungen für die Zulassung des Volksbegehrens zu prüfen.
Sollte es durchkommen, müssen sich anschließend bayernweit zehn
Prozent der Wahlberechtigten in Unterschriftenlisten eintragen, damit
es zum Volksentscheid kommen kann.

Etwa 12 000 Pflegestellen fehlen in Bayerns Krankenhäusern nach
Angaben von Peter Hoffmann, dem Vorsitzenden des Vereins
demokratischer Ärztinnen und Ärzte. Die Krankenpflegerin Debora Pihan
kritisierte, dass es keine Seltenheit sei, dass im Nachtdienst eine
Pflegerin für eine ganze Station zuständig sei. «Es macht uns keinen

Spaß, die Patienten nicht so zu versorgen, wie wir das gerne
möchten», sagte sie. In der Folge würden Krankenpfleger im Schnitt
schon nach sieben Jahren den Beruf wechseln.

Andreas Krahl (Bündnis 90/Die Grünen) zitierte eine Statistik, nach
der in den vergangenen 25 Jahren 625 000 Pflegekräfte ihre Ausbildung
absolviert haben. Davon hätte jedoch mehr als die Hälfte anschließend

den Beruf gewechselt, sagte er. Es fehle an wirklich guter Entlohnung
und gesellschaftlicher Anerkennung, sagte die Rechtsanwältin und
stellvertretende Beauftragte des Volksbegehrens, Adelheid Rupp.

Die Leidtragenden seien sowohl die Pfleger als auch die Patienten,
kritisierte Peter Friemelt, der als Patientenberater beim
Gesundheitsladen München arbeitet. Er betonte die zunehmenden
Beschwerden von Patienten über die Pflege - von überfüllten
Notaufnahmen bis hin zu Qualitätsmängeln. «Die Patienten brauchen
einfach eine bessere Versorgung mit genug Pflegekräften.»

Mehr Pflegepersonal fordern daher die Initiatoren, ein Bündnis aus
Politikern, Pflegern, Ärzten und Juristen. Es soll gesetzlich durch
einen festen Personal-Patienten-Schlüssel festgelegt werden. Ziel ist
es, die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern und
Pflegekräfte zu entlasten.

Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) teilte mit, dass mit dem
Pflegepersonal-Stärkungsgesetz der Bundesregierung zentrale
Forderungen der Initiatoren bereits umgesetzt würden. Die geforderten
festen Personal-Patienten-Schlüssel würden einen erheblichen
bürokratischen Aufwand bedeuten. Dieses Argument kommentierte
Weinberg als «nicht stichhaltig». Das breite Bündnis stimme ihn
zuversichtlich, dass das Volksbegehren erfolgreich sein werde.