Umweltministerin Schulze kritisiert «Scheindebatte» um Grenzwerte

Berlin (dpa) - Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat die von
ihrem Kabinettskollegen Andreas Scheuer (CSU) befeuerte Diskussion um
Grenzwerte für Luftschadstoffe scharf kritisiert. «Diese Debatte
trägt nicht zur Versachlichung bei», sagte Schulze am Montag in
Berlin. «In den letzten Tagen wurden viele Fakten verdreht.»
Verunsicherung dürfe aber nicht die Basis für verantwortungsvolle
Politik sein. «Grenzwerte sind eine gesellschaftliche Garantie für
saubere Luft», sagte die Ministerin. «Ich sehe keinen Anlass, das
abzuschwächen.»

Eine Gruppe deutscher Lungenfachärzte hatte den gesundheitlichen
Nutzen der aktuellen Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide
bezweifelt. Bundesverkehrsminister Scheuer kündigte an, das Thema mit
den anderen EU-Verkehrsministern zu diskutieren und sich
gegebenenfalls für eine Entschärfung der Werte einzusetzen. Die
verschiedenen Erklärungen würden zum Anlass genommen, darüber
nachzudenken, wie man eine fundierte gemeinschaftliche Position
herstellen könne, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Darüber
werde mit der Leopoldina als Nationaler Akademie der Wissenschaften
gesprochen.

Am Wochenende widersprachen internationale Lungenfachärzte den
deutschen Kollegen und wiesen auf die negativen Wirkungen der
Schadstoffe nicht nur auf die Lunge, sondern auch auf andere Organe
und chronische Erkrankungen hin.

Der Universitätsprofessor Christian Witt von der Berliner Charité
sagte, die Luftschadstoffe gehörten zu den bestuntersuchten
Substanzen. Seit 30 Jahren werde ihre Wirkung erforscht, es lägen
rund 70 000 wissenschaftliche Publikationen vor. Die schädliche
Wirkung sei belegt. Neue Studien kämen zu dem Schluss, dass es keinen
Schwellenwert gebe unterhalb dessen, «der Kinderwagen guten Gewissens
stehen» könne.