Verbraucherzentralen fordern Schutz vor steigenden Pflegekosten

In der alternden Gesellschaft sind immer mehr Menschen auf Pflege
angewiesen. Doch wie soll das finanziert werden? Verbraucherschützer
sehen unter anderem den Staat mit Steuergeld stärker in der Pflicht.

Berlin (dpa) - Die Verbraucherzentralen fordern Änderungen bei der
Pflegeversicherung, um Betroffene vor weiter steigenden Zahlungen zu
schützen. «Der Pflegefall darf nicht länger zur Kostenfalle werden»
,
sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus
Müller, am Dienstag. Die Leistungen der Pflegeversicherung sollten
daher künftig automatisch jährlich erhöht werden - orientiert an der

Inflationsrate und an steigenden Personalkosten. Wie bisher schon die
gesetzliche Renten- und Krankenversicherung brauche zudem auch die
Pflegeversicherung einen Zuschuss aus Steuergeld.

Damit könnten etwa bessere Arbeitsbedingungen von Pflegekräften, mehr
Leistungen für Angehörige oder die Einführung digitaler Anwendungen
finanziert werden. Nur so sei auch ein weiterer Beitragsanstieg auf
längere Sicht zu begrenzen, erläuterte der vzbv. Der Beitrag war erst
zum 1. Januar 2019 um 0,5 Punkte auf 3,05 Prozent des Bruttolohns
gestiegen. Beitragszahler ohne Kinder müssen nun 3,3 Prozent zahlen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bekräftigte, er gehe davon aus,
dass der Beitragssatz damit bis 2022 stabil bleiben könne. Angesichts
von immer mehr Hilfeempfängern werde aber auf Dauer auch mehr Geld
gebraucht. «Mein Anspruch ist es, die Dinge in der Pflege nicht nur
bis 2022 zu ordnen, sondern darüber hinaus», sagte der CDU-Politiker
der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Dienstag). Dabei gebe es nicht
so viele Stellschrauben: «Beiträge, Steuerzuschuss, Eigenbeteiligung.
Das auszutarieren, ist eine Grundsatzdebatte.»

Pflegebedürftige oder Angehörige müssen einen Eigenanteil leisten,
weil die Pflegeversicherung - anders als die Krankenversicherung -
nur einen Teil der Kosten trägt. Selbst bezahlt werden müssen neben
einem Eigenanteil für die Pflege an sich zum Beispiel auch Unterkunft
und Verpflegung im Pflegeheim. Im bundesweiten Schnitt kamen so
zuletzt Summen von rund 1800 Euro im Monat zusammen, es gibt aber
Unterschiede zwischen den Bundesländern.

Nach einer Umfrage im Auftrag des vzbv fürchten mehr als drei Viertel
(77 Prozent) der Bundesbürger, im Falle einer Pflegebedürftigkeit
nicht ausreichend abgesichert zu sein. Demnach wären 74 Prozent
bereit, für eine bessere Absicherung höhere Versicherungsbeiträge zu

zahlen. Zugleich nannten es 89 Prozent sinnvoll, für die Stärkung der
Pflege auch Steuergeld zu verwenden. Befragt wurden im November vom
Institut Forsa 1005 deutschsprachige Menschen über 18 Jahre.

Die SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar sagte, Belastungen für
Pflegebedürftige dürften nicht unbegrenzt steigen. Deshalb sei es
sinnvoll, die Pflegeversicherung «zu einer Teilkasko- und letztlich
zu einer Vollversicherung weiterzuentwickeln».