Mordversuch an Danziger Bürgermeister schockiert Polen

Eine Messerattacke auf Danzigs Bürgermeister entsetzt Polen: Behörden
ermitteln nach dem brutalen Angriff auf der Bühne einer Spendenaktion
wegen versuchten Mordes. Derweil bangen Ärzte um das Leben des schwer
verletzten Politikers.

Danzig (dpa) - Nach dem dramatischen Finale einer
Benefizveranstaltung steht Polen unter Schock: Auf offener Bühne hat
ein Angreifer Danzigs Bürgermeister Pawel Adamowicz niedergestochen
und lebensgefährlich verletzt. Der Zustand des Politikers sei sehr
ernst und Prognosen zu seinem Gesundheitszustand nur schwer zu
treffen, sagte Dr. Tomasz Stefaniak vom Danziger Universitätsklinikum
am Montag in der nordpolnischen Stadt.

Laut Medizinern ist der 53-jährige parteilose Politiker bewusstlos
und muss beatmet werden. Die Staatsanwaltschaft ging von versuchtem
Mord aus.

Der Täter, ein 27-jähriger Danziger, habe aus niederen Beweggründen
gehandelt, sagte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Krzysztof
Sierak. Dafür könnte ihm sogar lebenslange Haft drohen. Hinter der
Tat vom Sonntagabend wurde Rache vermutet. Der Mann soll gerufen
haben, dass er unschuldig in Haft gewesen sei, hieß es unter Berufung
auf Augenzeugen. Ermittlern schlossen eine psychische Erkrankung des
Angreifers nicht aus, der psychologisch untersucht werden sollte.

Der Mann war polnischen Behörden zufolge vorbestraft und hatte wegen
einer bewaffneten Banküberfallserie bereits fünfeinhalb Jahre in Haft

gesessen. Berichten zufolge war er erst im Dezember freigekommen.

Adamowicz gehörte bis 2015 der derzeitigen Oppositionspartei
Bürgerplattform PO an. Nach Angaben des Innenministeriums wurde er
nach dem Angriff reanimiert. Anschließend sei er im Krankenhaus fünf
Stunden lang operiert worden, sagte sein Arzt Stefaniak. Adamowicz
erlitt demnach Verletzungen an Herz, Zwerchfell und Organen im
Bauchraum und verlor viel Blut.

Beim Finale einer landesweiten Spendenaktion hatte der Täter die
Bühne gestürmt und mehrmals mit einem Messer auf Adamowicz
eingestochen. Die Klinge war laut Staatsanwaltschaft fast 15
Zentimeter lang.

Der Angreifer soll der Partei Bürgerplattform PO die Schuld für seine
Haft gegeben, hieß es. «Ich saß unschuldig im Gefängnis», rief
er auf
von polnischen Medien verbreiteten Videoaufnahmen der Tat. Darauf war
auch zu sehen, dass der Mann nicht von der Bühne floh, sondern
triumphierte, bis er vom Sicherheitspersonal überwältigt wurde.

Bislang unbestätigten Medienberichten zufolge hatte sich der
Angreifer mit einer Medienakkreditierung Zugang zur Bühne der
Spendenveranstaltung verschafft. Behörden kündigten eine Untersuchung
der Sicherheitsmaßnahmen an.

Bei der jährlichen Benefizveranstaltung der Organisation WOSP wird
Geld für die Ausstattung von Kinderkrankenhäusern gesammelt. «Ich bin

erschüttert», sagte eine Augenzeugin unter Tränen im TV. Der Angrif
f
auf das Leben und die Gesundheit Adamowiczs müsse aufs Schärfste
verurteilt werden, schrieb Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bei
Twitter.

Die Tat löste in Polen auch eine politische Debatte über Hassreden
aus. Der heftige Streit zwischen der Opposition und der
Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit PiS könne zur Eskalation der
Gewalt beigetragen haben, meinen Kritiker.

Adamowiczs Stellvertreterin Aleksandra Dulkiewicz rief zu Einigkeit
auf. Der Angriff dürfe nicht für politische Zwecke benutzt werden,
sagte sie. Dem schloss sich auch die PiS-Sprecherin Beata Mazurek an.
Die Attacke müsse von ausnahmslos allen verurteilt werden. «Heute ist
Bürgermeister Adamowicz nicht unser politischer Gegner, sondern Opfer
krimineller Aggression», sagte sie.